: Ein Lausbub von einem Trainer
■ Coach Faruk Kulenovic führt seine Charlottenburger Korbballer zu zwei Play-Off-Halbfinalsiegen gegen Bamberg
Charlottenburg. Da könnte es doch tatsächlich passieren, daß die BG Charlottenburg im Finale um die deutsche Basketballmeisterschaft spielt und dennoch kurz vor der Pleite steht. Zumindest der Einzug ins Finale wird immer realistischer. So wurden die Mannen vom TTL Bamberg schon im ersten Halbfinal- Play-Off-Spiel sehr deutlich mit 99:74 geschlagen, und unterlagen auch im zweiten mit 82:70.
Als einer der wichtigsten Bereiter dieses Erfolges ist Faruk Kulenovic zu nennen. Ein wirklicher Lausbub von einem Trainer. Mit seinen raffinierten taktischen Überlegungen lenkte er das Spiel seiner Mannschaft solcherart, daß Bamberg kaum Möglichkeiten bekam, so aufzuspielen, wie es ihnen liegt. So zeichnete sie in ihren letzten Spielen besonders eine ungewöhnliche Angriffsfreudigkeit aus, fixe, direkte Staffetten bis unter den gegnerischen Korb, abgeschlossen von außergewöhnlich sicheren Würfen. Kein Wunder, daß die Bamberger pro Spiel meist über einhundert Punkte erzielten.
„Wenn sie die ersten zehn Minuten unter 20 Punkten bleiben, haben wir Bamberg da, wo wir sie haben wollen“, umriß Kulenovic recht simpel die Aufgabe für seine Spieler, welche gleich zeigten, wie das funktionieren sollte. Den schnellen Kontern setzten sie einen überaus langsamen Aufbau entgegen, standen fast behäbig vor dem gegnerischen Korb.
Meist waren es Zoran Radovic, der schwer gebückt ganz gemächlich vor seinem Kontrahenten prellte, und bei allzu heftigen Störversuchen sich auch mal mit dem Kopf an Gegners Magenkuhle diesem entzog. Während solch schläfriger Aktionen kam dann plötzlich der blitzschnelle Paß, meist zu Center Sven Meyer, der zu Beginn den Bambergern auf diese Weise einige Bälle ins Körbchen legte.
Diese simplen Tricks verwirrten die Bamberger doch sehr, so daß sie nach zehn Minuten tatsächlich unter 20 Punkten blieben. Nur ihr kleiner Aufbauspieler Eldrige Recastner konnte mit geschmeidigen Bewegungen recht mühelos die Charlottenburger Abwehr ausdribbeln, um den Rückstand nicht allzu groß werden zu lassen. Der nächste Versuch der Bamberger, sich gegen die provozierende Lahmheit des Spiels zu wehren, bestand in der Umstellung von persönlicher auf räumliche Deckung vor dem eigenen Korb. Es blieb halt ein Versuch, denn BGC-Trainer Kulenovic probierte gleich erfolgreich den nächsten Streich: für den klobiger werdenden Meyer kam Lars Stinshoff auf die Center-Position und kostete den durch die Deckungsumstellung geschaffenen Platz mit erfolgreichen Abschlüssen aus.
Ob dieser frustrierenden Erfahrungen sichtlich geschwächt, ließen bei den Bambergern mehr die nervlichen als die körperlichen Kräfte nach. Nicht nur die Fouls häuften sich bei ihnen, vor allem Abspielfehler und technische Unzulänglichkeiten schafften den Charlottenburgern gegen Ende viele Möglichkeiten, den Ball zu erhaschen und mit erstaunlicher Treffsicherheit sich auch mal an einer Serie von Drei-Punkte- Würfen zu versuchen.
Das Gelingen dabei begründete diesmal die Ausgeglichenheit im BGC-Team. So konnte Horst Schmitz im Aufbau Radovic öfter eine Pause gönnen, spielte neben Meyer und Stinshoff auch Lutz Wadehn stark unter dem Korb, ganz zu schweigen von den sicheren Distanzwürfen Dronsellas oder Oldhams. Das ganze Charlottenburger Spiel lief schließlich so gut, daß der ob seines perfektionistischen Ehrgeizes meist maulende Kulenovic sich einige Male vom Spielfeld abwandte, den Kopf senkte, um heimlich dem Hallenboden ein spitzbübisches Lächeln zu schenken.
Nicht nur er war zufrieden, auch fast 2.000 zuschauende Menschen freuten sich mächtig, nur der Charlottenburger Geldzähler wird wohl weiter traurig bleiben. Zwar konnte für die Dauer der Play-Offs endlich ein Sponsor für die Trikotwerbung gefunden werden, die Summe soll allerdings weit unter 100.000 Mark liegen. Da pro Spiel gezahlt wird, müssen die Berliner schon möglichst weit kommen. Selbst dann steht die Finanzierung weiter auf wackeligen Beinen. Überspitzt gesagt könnte es sein, daß die BGCharlottenburg Meister wird und pleite ist. Wobei das letztere wohl leider näher liegt. Schmiernik
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