In der Häuterei

■ Die Metamorphose eines Stadtwerke-Busses im gelben Farbstaub

Foto: Jörg Oberheide

Dumpf donnert die Absauganlage in Halle eins. Zwei vermummte Gestalten umtanzen einen Bus, der eine mit einer Trittleiter zwischen den Knien, elegant balancierend wie auf Stelzen. Ein zweiter vornüber gebeugt. Betäubend gelber Nebel umhüllt die apokalyptische Szene, die Atemmasken erfüllen einen Zweck - ein Autobus bekommt eine neue Außenhaut verpaßt.

Die Räder mit Packpapier verhängt, Fenster und Türen abgeklebt und ganz ohne Knöpfe, Schalter und Scheibenwischer

steht der Bus halb demontiert in der Lackierwerkstatt der Bremer Straßenbahn AG und erträgt seine Verwandlung.

In seinem vorigen Leben fuhr er für „Gilde-Bowling“ aus Findorf durch Bremen, doch ab kommenden Montag wird er für Bahlsen- Kekse werben. Bahlsen-Kekse, zart und knusprig auf gelbem Grund. Auf postkasten-gelbem Grund mag es scheinen, doch Eingeweihte wissen, daß es sich um des Keksfabrikanten Bahlsen „Hausfarbe“ handelt, exclusiv für Bahlsen angerührt. Doch bevor der Bus so umgefärbt und mit neuer Identität vom Band rollen kann, hat er allerhand Strapazen durchgestanden.

Abgeschabt fast bis aufs Blech wird er als erstes, „durchgeschliffen“ sagt der Fachmann auch, damit die neue Farbe besser hält. Anschließend wird er grundiert und abgeklebt. Dann endlich kann das satte Kunstharz-Gelb in die Spritzpistolen gefüllt und mit viereinhalb Bar Druck auf's Blech gegeben werden. Nach der zweiten Lage ist der Bus noch etwas grünlich um die Stirn — da schimmert noch das „Gilde-Bowling“ durch — aber dreimal Sprühen wird zu Bahlsen-Gelb.

Drei Jahre nun wird der Bahlsen-Bus seine Keksreklame in Bremen herumkutschieren, um von Walle bis Huckelriede und von Woltmershausen in die neue Vahr - dies ist seine Werbe-Route — die Bremer und Bremerinnen zu Butterplätzchen und Prinzenrolle zu verführen. Diese Werbemethode ist zwar beliebt — die Hälfte der 580 Bremer Busse und Bahnen tragen Werbeparolen mit sich herum — aber auch ziemlich teuer: Knappe 2.000 Mark muß Bahlsen als Monatmiete dafür hinblättern, plus 6.000 für's Anspritzen und 6.000 für's Zurückverwandeln bevor der Bus dann in drei Jahren eine neue Haut überstreift.

Susanna Moßmann