Inkatha will den ANC ausbooten

Johannesburg (taz) — Bei neuen blutigen Zusammenstößen zwischen Bewohnern der Schwarzensiedlung Katlehong im Südosten von Johannesburg sind am Montag abend mindestens 14 Menschen getötet worden. Bereits am Sonntag waren in Katlehong und anderen Townships bei Zusammenstößen zwischen ANC- und Inkatha-Anhängern elf Menschen gestorben.

Südafrikas Regierung und die Zulu-Partei Inkatha hatten am Montag scharf auf das vom ANC gestellte Ultimatum für den Rücktritt von Polizeiminister Vlok und Verteidigungsminister Malan reagiert. Solche Forderungen würden „nichts minder als Bürgerkrieg verursachen“, wetterte Inkatha-Präsident Mangosuthu Buthelezi. Der ANC agiere „zerstörerisch, unüberlegt und machtbesessen“. Vlok warf dem ANC seinerseits vor, für die Gewaltausbrüche in schwarzen Wohngebieten, die zu dem Ultimatum geführt hatten, verantwortlich zu sein.

ANC-Vizepräsident Nelson Mandela sagte, die Frage der Gewalt, die von Inkatha ausgehe, müsse dennoch „zwischen ANC und Regierung“ gelöst werden. Im Zentrum der ANC- Vorwürfe gegen Inkatha stehen die sogenannten „traditionellen Waffen“ — Stöcke, Messer, Pangas, Speere — die Zulu-Führern zufolge zur Alltagstracht eines Zulu-Mannes gehören. Die Tolerierung dieser Waffen ist nach Meinung des ANC für die Gewalt verantwortlich. In den letzten Wochen haben wiederholt Tausende von „traditionell“ bewaffneten Inkatha-Anhängern in schwarzen Wohngebieten rund um Johannesburg Versammlungen abgehalten. Danach ist es fast immer zu blutigen Zusammenstößen gekommen.

So fanden am Wochenende zwei „Inkatha-Friedenstreffen“ statt, in deren Umfeld neun Menschen getötet wurden. Bei einem der Treffen sagte der Inkatha-Vorsitzende Frank Mdlalose, daß solche Waffen „zum Schutz gegen Schlangen“ getragen würden. Doch bei beiden Treffen waren auch Schußwaffen zu sehen.

Die Fronten zwischen ANC und Inkatha scheinen nun endgültig verhärtet. Am Montag implizierte Buthelezi sogar, daß der Verhandlungsprozeß mit der Regierung ohne Beteiligung des ANC fortgesetzt werden könnte. „Verhandlungen müssen mit oder ohne den ANC siegen“, sagte er. Die internationale Gemeinschaft solle Druck ausüben, so daß der ANC „einfach eine Partei unter anderen“ werde.

ANC-Führung unter Druck von allen Seiten

Für die Regierung gibt es allerdings keine Alternative zum ANC. Umfragen geben dem ANC mehr als 40 Prozent Unterstützung, Inkatha weniger als zwei Prozent. Deshalb ist es denkbar, daß de Klerk sich für die Erfüllung einzelner ANC-Forderungen entscheiden könnte. Ein Verbot „traditioneller Waffen“, die Einrichtung unabhängiger Ausschüsse zur Untersuchung der Gewaltausbrüche, die Auflösung von Mordeinheiten in Polizei und Militär und die Suspendierung von Polizisten, die an Massakern beteiligt waren, sind vergleichsweise leicht durchführbar. Vlok und Malan zu entlassen, wie es der ANC zusätzlich fordert, ist andererseits undenkbar. Das würde Tausende von Weißen in das Lager der Rechtsextremisten treiben.

Der ANC pokert mit seinen Forderungen besonders hoch. Eine härtere Gangart im Umgang mit der Regierung wird von einer breiten Basis von ANC-Anhängern unterstützt. Diese haben die Führung des ANC in der Vergangenheit kritisiert, weil er bei Gewaltausbrüchen keinen Schutz bieten konnte und in Verhandlungen zu nachgiebig war. Die ANC-Führung räumt selbst ein, daß der Verhandlungsprozeß in den letzten Monaten von der Regierung bestimmt wurde. Aber das Ultimatum alleine wird dem ANC die Initiative nicht zurückerobern. Und sollte der ANC eine nur partielle Erfüllung seiner Forderungen akzeptieren, könnte das von der Basis erneut als Schwäche interpretiert werden. Hans Brandt