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Neu in der Schauburg: "Step across the border"

■ Mit neuen Tönen um die Welt

Dieser Film sieht genauso musikalisch, originell und rhythmisch aus, wie er klingt. Die Regisseure Nicolas Humbert und Werner Penzel haben bei ihrem Film über den Avantgarde-Gitarristen Fred Frith mit der Kamera genauso improvisiert wie die Musiker mit ihren Instrumenten. Als hellwache und neugierige Mit-Reisende, Gesprächspartner und Beobachter haben sie Frith bei seinen verschiedenen Projekten in Japan, Europa und New York begleitet und statt langer Jazzsoli, jubelnder Zuschauermassen oder gelehrter Erklärungen viele kurze, sehr prägnante und überraschend humorvolle Momente in Friths Musik und Leben gesammelt und zusammengeschnitten.

Das WerWoWannWas ist ihnen dabei herzlich unwichtig. Bei den vielen nächtlichen Autofahrten merkt man nur manchmal an kleinen Details, ob man sich gerade in Tokio, London oder Leipzig befindet. Die Wohnungen und Übungsräume der Freunde und Künstler scheinen sich eh überall auf der Welt zu gleichen. Und neben dem japanischen Trommler oder der Violinistin aus Yorkshire werden auch die Stars der New Yorker Szene, beispielsweise Arto Lindsay oder John Zorn, weder ordentlich vorgestellt, noch besonders in Szene gesetzt.

Stattdessen begeben sich die Regisseure zusammen mit Frith auf eine weltweite Suche nach Tönen und Momenten. Frith spielt dabei überraschend wenig Gitarre, und versteht sich eher als „Organisator von Sounds“. Das Knistern von Plastikverpackungen im Supermarkt, das Quietschen der U-Bahn Gleise, Motorenlärm und immer wieder das Lachen der Künstler bei ihrer Arbeit: aus all dem wird bei Frith Musik, und die Regisseure haben die harmonisch mitschwingenden Bilder gefunden: Schlafende Japanern in der U-Bahn, der direkte Schnitt von einer Teigknetmaschine in ein Zen-Kloster oder als geheimes Leitmotiv immer wieder Fred Frith, der Protagonist, wie er einfach aus einem Fenster blickt.

Wilfried Hippen

Schauburg täglich 23.00 Uhr

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