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Standbild: Infantile Zebrakacke

■ "Leonie Löwenherz", ARD, Mi., 15.03 Uhr

Huuh, ist das putzig: das Löwenmädchen Leonie hat Zöpfchen mit lila Schleifchen, hat lilane Kulleraugen-Deckelchen mit Klapperwimperchen, und frääch ist die, aber in Wirklichkeit gaanz lieb. Und Sachen sagt die! „Au Backe, Zebrakacke!“ Das sollen sich alle Grundschulkinder angewöhnen, damit ihre Eltern ganz erstaunt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: „Woher hat unser Kind das bloß? Nein, diese verflixten Kindersendungen aber auch!“ In Wirklichkeit zwinkern sich Vater und Mutter heimlich zu: „Na, laß man, wenn's bei der Zebrakacke bleibt und sonst nichts Schlimmes kommt, ist doch diese Leonie Löwenherz genau das, was wir uns immer vom Kinderfernsehen wünschen: infantile Bewahrpädagogik, von Onkels und Tanten im Redaktionsstübchen ausgeheckt, mit niedlichen Tieren, die — schwupps — das Leben der Menschen durcheinanderbringen“.

Leonie Löwenherz also: In sage und schreibe 26 Folgen soll nun für die Großen der Allerkleinsten das sprechende Löwenpuppenmädchen — ein kindertümelndes Alf-Plagiat — beim zerstreuten Professor Doktor Laurenz Lehmann für Aufregungen sorgen. Und wenn man sich überlegt, daß Kinder — ob's einem nun paßt oder nicht — fernsehen, was die Kiste hergibt, möchte man sich doch leise fragen, was wohl im Kopf von Redakteuren vorgeht, die sich mit einer solchen Serie an Kinder zu wenden trauen. Derselbe Sender — NDR —, der mit einer schauderhaften Kinder-Hitparade (Banane) auf Geltungsbedürfnis und Fernseherfahrung von Kindern setzt, schmeißt sich mit Leonie Löwenherz an eben jene Kinder im „Hitparaden“-Alter ran und setzt nun auf Arglosigkeit und Fernsehunerfahrenheit. „Temporeich“ sei diese Serie, lobt sich der NDR im hauseigenen Werbemagazin, doch abgesehen davon, daß „Temporeichtum“ kein Wert an sich ist, hat Leonie Löwenherzens erste Folge die Gangart eines fettleibigen Dinosauriers, der sich zum Aussterben niederlegt — und eine Bildersprache — von Dialogen nicht zu reden —, die für ein aufgewecktes Fernsehkind nicht mal das Buchstabierniveau erreicht: „Jetzt aber ab die Post“, sagt der Ganove zum Kollegen. „Wo ist die Post?“ fragt der Kollege mit breitgetreten dummer Miene. „Das ist bloß eine Redensart“, klärt ihn der andere auf. Leonie Löwenstein sagt in einem solchen Fall dann regelmäßig: „Das ist doch steppenklar.“ „Au Kacke“, denkt sich das aufgeweckte Kind, „da schalt' ich mal lieber aufs Fernsehen um.“ Sybille Simon-Zülch

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