: Mösenjagd erfolgreich ohne Freudenarbeit!
■ Eva Boehme bei Steinbrecher / Jan Carstensen in der Werkstatt-Galerie / Angela Kolter im Atelierhof
“Einzelstücke, weiblich, schwarz“, umschreibt die Preisliste fein: Chris Steinbrecher verabschiedet sich von Bremen mit einem halben Hundert Mösen. Aus hochglänzendem Stoff. Wattegefüllt. 30 cm hoch. Schnittmustergetreu und penibel genäht incl. unseren Vätern noch nicht bekannten Details. Eva Boehme hat den unteren Teil der Steinbrecher-Galerie in einen schummrigen Sexshop verwandelt, die Wände und Fenster schwarz verhangen, von der Decke lugen schlangengleich schwarze Stoffpimmel aus einem Federwald. Aus einem Samt-Separee kommen Arien vom Band, an einer hinteren Wand sind 44 schwarze „Einzelstücke“ wie Jagdtrophäen aufgereiht. Sex-Ware: Die Rauminstallation von der Perfektion eines Bühnenbildes wird abgerundet von meterhohen Copy- Arbeiten, denen einschlägige Versandkataloge zugrunde liegen (“aufblasbare Teeny- Puppe, 3 Öffnungen, mit Stimme im offenen Mund, seidige Haare, vibrierend“). Eva Boehme hatte schonmal in Verbindung mit der letztjährigen literarischen Woche (Thema Erotik) versucht, ihre „Sancta Erotica“ in der Stadtbibliothek Neustadt zu realisieren. Das wurde mit Hinweis auf evtl. Beunruhigung des Personals unterbunden. Nun kann man ihre pikanten Sofakissen sehen. Die Talelbilder im 1.Stock haben dagegen übrigens keine Chance. Acryl auf Papier auf Acryl, mit Tigermustern bemalt, das wirkt denn doch wie ein Tapetenmusterbuch aus längst vergangener Zeit. Am Dobben 44, bis zum 4.Mai.
Was Jan Carstensen, Redakteur der Druckgrafik-Zeitung „Pictor“, kann, sieht man jetzt in der Werstattgalerie Hohentorsheerstraße 49; dort sind Siebdrucke des gelernten Schriftsetzers und HfK-Schmitz-Zöglings ausgestellt. Auch er läßt er sich von der Stadtlandschaft anregen, deren Struktur er auf die Spur kommen will. Seine besten Arbeiten filtern aus seinen Ansichten unförmige Blöcke und Balken heraus, die er auch farbig druckt. Ansonsten viel Schwarz-Graues, Schweres, Umwittertes. Bis zum 7.Mai
Zwischen gestern und heute, Krieg und Frieden, Schwarz und Weiß ist viel Platz. Angela Kolter ist eine, die in polaren Spannungszuständen arbeitet. Ein wenig fernöstlich. Meditative Ruhezeit muß man mitbringen für ihre Installation „Zwischenzeit“ im Atelierhof. An der linken Stirnseite des Raumes Schwarz, akkurat kombimierte Bilder unterschiedlicher Formate, schwer mit Tod und schlimmer Botschaft beladen, Brieffetzen entzifferbar (“Liebste Carmen ... von Jenseits ... zerstören ihr Leben ... Wolken werden“). Gegenüber Brautweiß, Pergament, gefältelt, riesig; davorgehängt gelbliche Fetzen, wie zum Trocknen. In der Mitte zwei große Gefäße, Pappmache, eins weiß, eins schwarz. Leer. Ein leerer Ort für große Themen. Getane Trauerarbeit zu sehen. Freudenarbeit gibt's nicht. Alexanderstr. 9B, bis zum 4.MaiBus
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