: „Ich war seine glückliche Marionette“
■ Ein Interview mit Marlene Dietrich im Pariser „Figaro“
In einem sensationellen Interview hat die 89jährige Marlene Dietrich dem Pariser 'Figaro‘ (vom Mittwoch) u.a. über ihre Zusammenarbeit mit Josef von Sternberg berichtet: „Er war alles, was man wünschen konnte, in einer Person. Und vor allem der Vater, den ich niemals gehabt hatte“. Von Sternberg hatte die Schauspielerin Maria Magdalena von Losch, so ihr eigentlicher Name, 1929 mit Der Blaue Engel, berühmt gemacht. Anschließend hatte er sie nach Hollywood geholt, wo er in fünf Jahren (Herzen in Flammen, Schanghai-Express) den „Marlene-Mythos“ vom kalten Vamp schuf. Dietrich auf die Frage, ob sie in Hollywood lieber andere Rollen gespielt hätte: „Am Anfang bin ich der Wahl Herrn von Sternbergs gefolgt. Er war der Meister; ich war seine glückliche Marionette.“ Sie habe seine Intelligenz und sein Verständnis bewundert und sei zudem dazu erzogen worden, Befehlen zu gehorchen. „Er besaß mich von Grund auf, und er wußte es. Als er mich verlassen hat, bin ich nach Europa zurückgekehrt.“
Ihre Kindheit sei glücklich gewesen, trotz strenger Erziehung. „Meine harte Erziehung hat mir viel im Leben geholfen. „Den Gehorsam, der mir eingetrichtert wurde, habe ich später als eine heilige Tugend betrachtet.“ Als Lektüre seien ihr nicht nur Schiller und Goethe vorgeschrieben worden, sondern auch Schopenhauer und später Kant. „Seine Ideen habe ich angenommen und mein ganzes Leben befolgt.“ Mit ihren Regisseuren habe sie niemals gestritten. „Für lautstarke Diskussionen war ich zu gut erzogen. Abgesehen von Fritz Lang waren alle Regisseure, mit denen ich gearbeitet habe, Freunde: Frank Borzage, René Clair, Billy Wilder.“ Charlie Chaplin habe sie zwar gekannt, aber nie mit ihm gearbeitet. „Im Leben war er überhaupt nicht komisch. Er liebte, er bewunderte seine eigene Person und seinen Erfolg. Er zog mich überhaupt nicht an.“ Als echte Stars der damaligen Zeit schätze sie Joan Crawford, Carole Lombard, Jean Harlow und Bette Davis. „Für die anderen muß ich die Geschichtsbücher zu Rate ziehen.“
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