De Klerk gibt sich handlungsfähig

Bevor Südafrikas Präsident nach Europa abreiste, kündigte er noch schnell eine Spitzenkonferenz zur Gewalt in den Townships an — trotz der Ablehnung durch den ANC  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrikas Präsident Frederick De Klerk kommt am heutigen Samstag zu einer als entscheidend eingestuften Reise in Europa an. De Klerk wird in der nächsten Woche Regierungsgespräche in Großbritannien, Dänemark und Irland führen. Dabei wird vor allem die Frage zur Diskussion stehen, ob die anhaltende politische Gewalt in Südafrika den Verhandlungsprozeß über eine neue Verfassung bedroht.

Am Vorabend seiner Abreise hatte De Klerk am Donnerstag die Einberufung einer permanenten Kommission zur Untersuchung der Gewalt und einer Spitzenkonferenz für den 24. und 25. Mai angekündigt. Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) lehnte diese Ankündigung als Propaganda im Vorfeld der Europareise des Präsidenten ab. Anfang April hatte der ANC mit Abbruch der Verhandlungen mit der Regierung gedroht, wenn diese nicht sieben Forderungen erfülle. Dazu gehört auch die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung der Gewalt. Die von De Klerk jetzt vorgeschlagene Kommission „scheint dieses Ziel nicht zu erreichen“, sagte der ANC.

De Klerk wies Kritik, daß die Regierung die Gewalt nicht ernst nehme, zurück. „Im Gegenteil, die Gewalt macht der Regierung große Sorgen, sie erschüttert uns“, sagte De Klerk. „Sie ist das größte Hindernis auf dem Weg zu einer friedlichen Zukunft.“ Trotz umfangreicher Maßnahmen habe die Regierung jedoch das „Schema der Gewalt und Einschüchterung“ noch nicht brechen können.

Als ein Grund für die Eskalation der Gewalt wird immer wieder die große Zahl leicht zugänglicher automatischer Waffen angeführt. Die Wochenzeitung 'Weekly Mail‘ berichtete am Freitag, wie sie problemlos in einem schwarzen Wohngebiet östlich von Johannesburg für 1.500 Rand (etwa 900 Mark) eine Kalaschnikow kaufen konnte. Einzige Bedingung: der Käufer solle das Schnellfeuergewehr im Kampf gegen den ANC einsetzen. Die Tageszeitung 'The Star‘ berichtete von Schmugglern im Nachbarland Swasiland, die solche Gewehre für etwa 20 Rand (12 Mark) anbieten.

Polizeiminister Adriaan Vlok kündigte gleichzeitig an, daß die Polizei seit Januar verschiedene Schmugglerbanden aufgedeckt und 362 Kalaschnikows beschlagnahmt habe. Die meisten Waffen kommen offenbar aus Mosambik, wo seit 15 Jahren ein Bürgerkrieg herrscht. Doch auch der Bürgerkrieg in Angola und Konflikte in Namibia und Südafrika selbst haben die Zahl der Waffen in der Region erhöht.

Eine Erklärung des ANC, er habe in verschiedenen schwarzen Wohngebieten bereits mehr als 50 Selbstverteidigungseinheiten gegründet, rief nun eine scharfe Reaktion der Polizei hervor. Ein Sprecher warnte, daß aus den Einheiten eine „politische Privatarmee“ werden könne. Das sei ein „Rezept für Bürgerkrieg“. Aber ANC-Vizepräsident Nelson Mandela blieb unnachgiebig. „Was die Polizei denkt, ist egal“, sagte er. „Die Frage ist, was wir zur Verteidigung unserer Leute für notwendig halten.“