: Annäherung im Streit um Stasi-Akten
■ Bundestagsfraktionen einig über generelles Einsichts- und Auskunftsrecht für Stasi-Opfer/ Teilzugeständnisse an Forderungen der Bürgerbewegung/ Aber noch bleiben Streitpunkte
Berlin (taz) — Opfer und Bespitzelte der Staatssicherheit sollen ein generelles Auskunfts- und Einsichtsrecht in ihre Stasi-Unterlagen bekommen. Auf Verlangen sollen die Betroffenen auch die Namen derer erfahren, die sie im Dienste der Stasi bespitzelt haben. Darauf verständigten sich gestern die innenpolitischen Experten der im Bundestag vertretenen Parteien im Gespräch mit dem Bundesinnenministerium. Darüber hinaus einigten sich die Parteivertreter darauf, daß Nachrichtendienste keinen Zugang zu Stasi-Unterlagen über Betroffene haben sollen. Einvernehmen bestand auch darin, daß der Sonderbeauftragte für die Staatssicherheit das Recht haben soll, alle an anderen Orten vorhandenen Unterlagen einzufordern.
Mit diesen fraktionsübergreifend erzielten Grundsätzen zeichnet sich bei dem umstrittenen Gesetzentwurf über den Umgang mit der papierenen Stasi-Hinterlassenschaft zumindest in einigen Punkten eine Einigung ab. Ursprünglich hatte das Bundesinnenministerium einen heftig kritisierten Entwurf zum Umgamg mit den Stasi-Akten vorgelegt, der Nachrichtendiensten und Strafverfolgungsbehörden einen weitgehenden Zugriff auf die Stasi-Hinterlassenschaft sichern sollte. Nach deutlicher Schelte vor allem von seiten des Bündnis 90/Grüne und der Bürgerbewegungen war eine Gesprächsrunde im Bundesinnenministerium einberufen worden, die künftige Eckpunkte eines solchen Stasi-Unterlagen-Gesetzes erarbeiten sollte. Einige dieser Eckpunkte — wie das Akteneinsichtsrecht für Betroffene — scheinen nach der gestrigen Verhandlungsrunde nun zu stehen. Dabei zeichnen sich zumindest einige Zugeständnisse an Bürgerbewegung und Opposition ab.
Über andere Kritikpunkte werden sich die Parlamentarier jedoch am kommenden Dienstag bei der nächsten Verhandlungsrunde noch heftig rangeln müssen. So ist beispielsweise noch offen, bei welchen Delikten Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf personenbezogene Stasi- Unterlagen haben sollen und ob zur Aufklärung von Straftaten der Staatssicherheit auch die Akten der Opfer ohne deren Zustimmung herangezogen werden dürfen. Strittig ist auch, zu welchen Zwecken die Nachrichtendienste sich solchen Stasi-Akten bedienen dürfen, bei denen es nicht um Informationen über einzelne Betroffene geht, sondern um allgemeinere Zusammenhänge.
Der sächsische Justizminister Heitmann kritisierte währenddessen die von den Fraktionen mit dem Innenministerium erarbeiteten Vorstellungen. Sie seien für Ostdeutschland nicht tragbar, weil sie von einer zentralistischen, bundesunmittelbaren Verwaltung der Akten ausgingen. Heitmann schlug statt dessen eine öffentlich-rechtliche Bundesanstalt zur Verwaltung der Stasi-Unterlagen vor, in deren Aufsichtsrat den Ländern maßgeblicher Einfluß eingeräumt werden solle. Ve.
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