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NRW-Grüne: Weg mit den alten Zöpfen

Rotation abgeschafft/ Trennung von Amt und Mandat aufgehoben/ Nach heftigen Debatten einigten sich Realos und Linke/ Vorentscheidungen für den grünen Bundeskongreß  ■ Aus Gütersloh Walter Jakobs

Die nordrhein-westfälischen Grünen haben am Wochenende die Rotation abgeschafft und die heiß umstrittene Trennung von Amt und Mandat aufgehoben. War es bisher keinem Abgeordneten möglich, zugleich Mitglied im Landesvorstand zu sein, so dürfen künftig Abgeordnete des Landes-, Bundes-, oder Europaparlamentes maximal ein Drittel der Vorstandsposten bekleiden. Kommunalparlamentarier können sich ohne jede Einschränkung um einen Platz in der Parteiführung bewerben. Einen entsprechenden Beschluß faßte die Landesmitgliederversammlung der Grünen nach stundenlangen Wortgefechten mit Zweidrittelmehrheit am Samstag in Gütersloh.

In Dutzenden von Abstimmungen hatten sich die beiden grüninternen Lager zuvor als nahezu gleichstark gegenübergestanden: Mal gewannen die Realos, die in NRW nie zuvor so viele Delegierte auf ihre Seite zu ziehen vermochten, dann wieder die Linken. Die gegenseitige Blockade — alle Satzungänderungen bedurften einer Zweidrittelmehrheit — schien zunächst unauflöslich. Während die Realos für die Abschaffung der Trennung von Amt und Mandat ohne jede Einschränkung plädierten, wollten die Linken lediglich kommunale Abgeordnete in den Landesvorstand vorlassen.

Michael Vesper, Fraktiossprecher im Düsseldorfer Landtag, schwante übles, „denn unsere Tragik ist, das wir mit unseren Entscheidungen häufig zu spät kommen“. Die inzwischen auch von den Linken weitgehend unterstützte Abschaffung der Rotation bei Parteigremien komme „fast schon zu spät“.

Kompromiß nach schweren Mühen

Wie wenig der Lernprozeß auf dem linken Parteiflügel tatsächlich gediehen ist, unterstreicht eine Aüßerung von Bärbel Höhn, ebenfalls Sprecherin der Landtagsfraktion. Sie will nach wie vor, daß „die Rotation bei den Abgeordneten beibehalten wird“. Erst nach einer Unterbrechung des turbulenten Kongresses kam es am Samstag zu dem beschriebenen Kompromiß, dem viele Linke nur widerwillig zustimmten. Einige linke Delegierte verließen daraufhin die Versammlung. Kerstin Müller, als Vertreterin der Parteilinken Sprecherin des Landesvorstands, wertete den „Kompromiß als Signal von NRW nach Neumünster“. Auch beim Bundesparteitag am kommenen Wochenende in Neumünster gehe es darum, „Anträge zu finden, die mindestens 70% der Delegierten unterstützen können“.

Sollte die Bundespartei dem NRW-Beschluß folgen, dann wäre der ostdeutschen Grünen Vera Wollenberger, die dem Bundestag angehört, der Weg in den Bundesvorstand geebnet. Antje Vollmer, die zusammen mit Wollenberger und Hubert Kleinert für die drei Vorstandssprecherposten in Neumünster kandidieren wird, hofft, daß die Gütersloher Entscheidung eine entsprechende Satzungsänderung beim Bundesparteitag „erleichtert“. Das will Jutta Ditfurth auf alle Fälle verhindern. Sie ruft alle „Basisdemokraten“ zum letzten Gefecht gegen „eine kleine postengeile Clique“ auf, die sich „in die Macht reinputschen will“.

Antje Vollmer, von vielen Grünen zur Spitzenkandidatur gedrängt, fühlt sich nach dem Parteitag in Gütersloh „darin bestärkt, daß es auf jeden Fall richtig war, den Versuch zu machen“. Die Grünen in NRW stellen etwa 40% der Mitglieder der Bundespartei. Damit sind sie auch im Bund eine Macht — allerdings eine gespaltene. Von den Linken wird Vollmer gewiß kaum eine Stimme bekommen.

Der Antrag der Realos, den zukünftigen Bundesvorstand aufzufordern, Gespräche mit den ostdeutschen Bürgerbewegungen und der Bundestagsgruppe Bündnis 90/Grüne aufzunehmen, mit dem Ziel, „eine gemeinsame politische Perspektive zu entwickeln“ und „rechtzeitig vor der nächsten Bundestagswahl die Grundlage für eine gemeinsame Kandidatur von Grünen und Bürgerbewegungen“ zu legen, wurde von den Delegierten abgelehnt. Zwar wollen auch die Linken die Zusammenarbeit mit den Bürgerbewegungen „intensivieren“, aber „vordringliche Aufgabe“ sei die Stärkung der Ost-Grünen.

Teile der Bürgerbewegung sind bei Linksgrün wenig gelitten. Man befürchtet, bei einer Vereinigung noch mehr an Einfluß zu verlieren. Roland Appell, einer der linken Wortführer, verstieg sich sogar zu der Bemerkung, wenn die Grünen in Rheinland-Pfalz an der 5-Prozent- Hürde scheiterten, dann sei das auch Konrad Weiß von „Demokratie jetzt“ geschuldet, der sich nicht eindeutig genug gegen die Atomenergie ausgesprochen habe.

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