Japans Organisatoren trieben es viel zu bunt

■ Im Fernen Osten beginnen heute die 41. Weltmeisterschaften der Ping-Pong-Champions

Chiba (taz) — Der rote Kreis in der weißen japanischen Flagge kann in den nächsten Wochen getrost durch einen Tischtennisball ersetzt werden. Chiba City, rund 40 Kilometer südöstlich von Tokio gelegen, wird für dreizehn Tage zum Mekka der Tischtennisasse. Zu den 41. Weltmeisterschaften hat die bisher nie erreichte und nie erwartete Rekordzahl von 1.141 SpielerInnen aus 105 Ländern gemeldet.

Geschmettert, gekontert und gewonnen wird im vor zwei Jahren eröffneten Nippon Convention Centre, das bei einem ersten Besuch allerdings die sterile Kühle eines Industriekomplexes vermittelt. In der Makuhari Event Hall, dem Herzstück der riesigen Anlage, sollen vor 6.500 Zuschauer an nur vier Tischen die Topspiele austragen werden. Bunte Verbandsflaggen aus aller Welt und Werbeplakate aus allen Branchen vermischen sich in der Halle zu einer farbigen Vielfalt, mit der es die Organisatoren wohl zu bunt getrieben haben: Die Hallenwände sind weiß, die Tische blau, die Bälle gelb, der Fußboden rot. „Das ist wie bei einer Kirmes. Dabei wollten wir doch weg vom Ping-Pong-Image“, schimpft Cheftrainerin Eva Jeler. Die SpielerInnen werden es akzeptieren müssen. Fernsehgiganten beeinflußten selbst die Farbgebung dieser Sportart.

Allgemeines Rätselraten herrscht noch über einige Neuerungen bei diesen Titelkämpfen, die der Weltverband unter seinem japanischen Präsidenten Ogimura ausgetüftelt hat. So bleibt abzuwarten, wie sich das neue Spielsystem bei den Herrenmannschaften (vier Einzel und ein Doppel) bewährt, ebenso das K.o.-Sytem in den Teamwettbewerben ab Achtelfinale. Auf jeden Fall wird es die manchmal über fünf Stunden dauernden Mannschaftskämpfe der Herren nicht mehr geben, als sich drei Spieler im Einzel duellierten, bis ein Team fünf Siegpunkte hatte. Die Entscheidung wird jetzt nach maximal zweieinhalb Stunden gefallen sein — sagen die Experten.

Die deutsche Mannschaft hat in Chiba gemeinsam mit Schweden und Polen ihr Quartier im New Park Hotel bezogen und verschwendet für die unklaren Neuerungen keinerlei Diskussion. Man hat eine Woche harten Trainings in Seoul hinter sich, nun soll es endlich losgehen. Jeden Vormittag stand eine Sparringrunde mit den Koreanern auf dem Programm. Die Asiaten sind nicht zuletzt aufgrund der sportlichen Vereinigung von Nord- und Südkorea ernstzunehmende Favoriten dieser Weltmeisterschaft und waren daher der richtige Testpartner. Die Deutschen zeigten sich gut in Schuß. Cheftrainerin Eva Jeler war zufrieden: „Wir sind europäische Spitzenklasse, auch wenn uns zur absoluten Weltspitze noch ein Stück fehlt.“

Zwei Jahre nach dem Sensationssieg von Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner bei der WM in der Dortmunder Westfalenhalle lastet auch in Chiba der größte Erfolgsdruck auf dem Düsseldorfer Doppel. „Eine Medaille, egal in welcher Farbe, ist unser Ziel“, sagte der 22jährige Fetzner und meinte zuerst natürlich das Doppel: „Noch schöner wäre es allerdings, mit der Mannschaft auf dem Treppchen zu stehen.“ Chancenlos gehen die deutschen Tischtennismänner auf keinen Fall an die Platte. Nur Titelverteidiger Schweden, die neu formierte chinesische Mannschaft, das vereinigte koreanische Team und eventuell die Abwehrkünstler aus Japan sind stärker einzuschätzen.

Nach den Welttitelkämpfen vor zwei Jahren setzte in deutschen Landen ein Tischtennisboom ein. Siege in der Europaliga und beim European Nations Cup sollten für den rechten Schwung an der WM- Platte in Chiba City sorgen. Gerhard Claar