: Ohrfeigen für Adlershof
■ ARD-Aktuell-Chef Henning Röhl kritisiert DFF-Nachrichtenredaktion
Hamburg (dpa/taz) — Der Chef von ARD-Aktuell, Henning Röhl, hat die Nachrichtenredaktion des Deutschen Fernsehfunks (DFF) scharf kritisiert. Nur die Führungsspitze der Redaktion in Berlin-Adlershof, die eine der wichtigsten SED-Propagandazentralen gewesen sei, sei zwar ausgewechselt worden, Redaktion und fast alle Auslandskorrespondenten seien geblieben. Es fiele auf, kommentierte Röhl die DFF-Nachrichten, wie sehr die Formulierungen von Unsicherheit geprägt sind. „In die Reporterberichte schleichen sich nichtssagende blumige Redewendungen ein, die mit Nachrichtenvermittlung nur wenig gemein haben.“ Bewertende Adjektive seien die Regel. Das Weiterbestehen der DFF-Nachrichtenredaktion „käme einem Verrat an den Zielen der friedlichen Revolution gleich“, sagte Röhl in einem Interview mit dem Frankfurter Informationsdienst „Medien-Kritik“.
In den DFF-Nachrichtensendungen würden Nachricht und Bewertung oft vermischt. „Unterschwellige Kritik ist an der Tagesordnung.“ In der Nachrichtenauswahl dominierten Themen aus dem Gebiet der Ex-DDR, Filmberichte aus dem übrigen Bundesgebiet fehlten — mit Ausnahme von Bonn — fast völlig. „Wehleidigkeit und — ganz gelegentlich — bemühte Fröhlichkeit bestimmen das Bild der Sendung“, sagte Röhl, der für die Nachrichtensendungen Tagesschau und Tagesthemen zuständig ist.
Eine scharfe Absage erteilte Röhl auch dem Fortbestehen DFF-Aktuell als gemeinsame Nachrichtenabteilung der künftigen Landessender. Nach Röhls Auffassung schlummert in Adlershof immer noch ein „Sprengsatz“, denn die alten Denk- und Verhaltensweisen seien längst nicht vergessen. Die Auflösung der Aktuell-Redaktion und „die Übertragung der journalistischen Verantwortung auf die neuen Sender“ sei ein dringendes Gebot. Eine Stellungnahme des DFF zu den von Röhl erhobenen Vorwürfen lag bis zum Redaktionsschluß noch nicht vor.
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