: UNO will Flüchtlingslager übernehmen
■ Frankreich beantragt Sitzung des Sicherheitsrats zur Kurdenfrage/ Debatte um internationale Garantien für Autonomie-Abkommen/ Alliierte wollen Sicherheitszonen im Nordirak ausdehnen
Luxemburg/ New York/ Zakho (afp/ap/dpa) — Von offiziellen internationalen Garantien für das zwischen Saddam Hussein und einer kurdischen Delegation ausgehandelten Autonomie-Abkommen ist zwar bislang nicht die Rede, doch die Maßnahmen, die derzeit bereits eingeleitet oder vorgeschlagen werden, verweisen in diese Richtung. Die französische Regierung beantragte am Samstag eine Sitzung des Weltsicherheitsrats, um nach der Bagdader Autonomie-Vereinbarung für Irakisch-Kurdistan eine neue Lagebeurteilung herbeizuführen.
Bei einem EG-Außenministertreffen am Wochenende in Luxemburg sprachen sich Frankreich und Großbritannien für die Entsendung einer UN-Polizeitruppe aus. Vor dem Hintergrund der für diese Woche angekündigten Unterzeichnung des Autonomie-Abkommens müssen den Flüchtlingen Garantien für ihre Sicherheit gegeben werden, damit sie in ihre Heimatorte zurückkehren, erklärte der französische Außenminister Dumas.
Die UNO hat unterdessen angekündigt, demnächst das von den USA und ihren Alliierten unter Militärschutz eingerichtete Flüchtlingslager nahe der nordirakischen Stadt Zakho zu übernehmen. Die baldige Kontrolle der im Aufbau befindlichen Lager im Nordirak durch die UNO entspricht sowohl dem Wunsch der Alliierten als auch des Irak. Nach Angaben von Diplomaten war auf einem Treffen des UN-Generalsekretärs Perez de Cuellar mit dem irakischen UN-Botschafter AlAnbari bereits am Donnerstag vereinbart worden, daß die UNO die zivile Verwaltung des Lagers bei Zakho übernimmt, die Alliierten aber zunächst weiter für den militärischen Schutz sorgen sollen.
Später soll die am 18. April zwischen dem Irak und der UNO geschlossene Vereinbarung über die Hilfe für irakische Flüchtlinge um eine Passage mit Sicherheitsgarantien für diesen Personenkreis erweitert werden. Wenn das geschehen ist und sich die Autonomie-Vereinbarung als tragfähig erwiesen hat, sollen die Alliierten ihre Streitkräfte zurückziehen.
Vorerst jedoch wollen die Alliierten im Nordirak die Sicherheitszone für die Flüchtlinge ausdehnen und noch am Sonntag eine entsprechende Genehmigung bei den Irakern einholen. Das Gebiet soll auf die dünn besiedelten Täler parallel zur türkischen Grenze hin ausgeweitet werden.
In Zakho begann am Wochenende die Belegung des ersten Flüchtlingslagers. Aus den Bergen wurden 250 kurdische Männer eingeflogen, denen nun jeden Tag eine gleichgroße Gruppe folgen soll, bis die Kurden von der Sicherheit der alliierten Lager überzeugt sind. Amerikanische Hubschrauber brachten am Samstag die erste Gruppe von Männern aus dem Lager Isikveren im Berggebiet der türkischen Grenzregion nach Zakho, wo sie beim weiteren Aufbau der Zelte helfen sollen.
Die offizielle Verlegung von Flüchtlingen in das erste von mehreren Lagern bei Zakho setzte ein, nachdem sich die irakische Regerung dem alliierten Druck gebeugt und ihre Sicherheitskräfte — bis auf fünfzig einheimische Polizisten — aus der Stadt abgezogen hatte. Eine der verbliebenen Polizeiwachen wurde am Freitag von kurdischen Kämpfern mit Maschinengewehren und Handgranaten angegriffen. Dabei wurden fünf Polizisten verletzt.
Das Büro des UN-Koordinators für Katastrophenhilfe (UNDRO) zog am Samstag anhand von Informationen der türkischen und der iranischen Regierung eine Bilanz der Lage der kurdischen Flüchtlinge. Demnach sind mehr als eine Million Kurden in den Iran geflüchtet. Die Hälfte von ihnen sei in 56 Flüchtlingslagern untergebracht worden, die anderen in Moscheen, Schulen oder in im iranisch-irakischen Krieg zerstörten Gebäuden. Unter den elenden Lebensbedingungen würden weiterhin täglich viele Kinder sterben. Bis zum 15. April seien in die Türkei 416.000 Menschen geflüchtet. Von tausend würde immer noch täglich ein Mensch sterben.
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