piwik no script img

Comeback für Ketchup aus Dresden

■ Berliner Jungunternehmer will mit sogenannten »Parkmärkten« beweisen, daß Ostprodukte auf dem Markt eine Chance haben/ Inzwischen zwölf Läden in Ost-Berlin und Magdeburg eröffnet

Berlin. Ob Wienerwürstchen aus Eberswalde oder Tomatenketchup aus Dresden — die fast schon in der Versenkung verschwundenen Lebensmittel aus der ehemaligen DDR sind wieder groß im Kommen, doch in den Regalen der westlichen Handelsketten weiterhin kaum zu finden. Mit einem Exklusivangebot an Ostwaren will eine neue Supermarktkette nun dem Trend nach einheimischen Waren im Osten nachkommen und diesen Produkten einen neuen Markt verschaffen. »Mit unseren ‘Parkmärkten‚ wollen wir nicht nur unterbrochene Verkaufswege wiederherstellen, sondern den Westketten auch zeigen, daß DDR-Produkte noch echte Marktchancen haben«, erklärte der Gründer der »Parkmarktkette«, der Berliner Andreas Lamla.

Er hat inzwischen zwölf Parkläden in Ost-Berlin und Magdeburg eröffnet. Begonnen hatte er im Januar mit drei Geschäften. Bis Ende des Jahres plant er, über 70 Läden in den neuen Ländern aufzubauen. Sein Konzept: Kleine Verkaufsräume zu niedrigen Mieten mit einfachster Ausstattung und Verkauf aus dem Pappkarton. »Gemietet wurden Verkaufs- und Lagerräume ehemaliger HO- oder Konsumläden, um das Problem der ungeklärten Eigentumsverhältnisse zu umgehen.« Vergeben werden die Supermärkte überwiegend an Kommissionäre, zum Teil laufen sie unter Lamlas Regie. Bisher wurden etwa vier Millionen Mark investiert und 50 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Fleisch und Wurst für eine Mark, Gewürze und Süßigkeiten ab fünf Pfennig, so lautet das Angebot eines Parkmarktes im Ostberliner Stadtteil Prenzlauer Berg. »Die Leute sind ganz begeistert von unserer Idee und laufen uns fast die Bude ein«, berichtet der 31 Jahre alte Fred Jakob, Kommissionär zweier Berliner Läden. Bereits jetzt — zwei Monate nach der ersten Geschäftsöffnung in Ost-Berlin — habe er schon mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen: »Die Waren werden uns buchstäblich aus der Hand gerissen.« Die Kunden kämen jedoch nicht nur aus dem Osten, auch westliche Verbraucher nutzten bei ihm die Gelegenheit zum günstigen Einkauf.

»Es ist toll, daß es wieder Läden gibt, wo ausschließlich unsere alten Waren angeboten werden«, meint der Kunde Walter Elsner aus Berlin- Mitte. Er kaufe in den Parkläden jedoch nicht nur, weil es billiger ist als in den Westsupermärkten. Er wolle auch östlichen Produzenten helfen. »Qualitativ können sich die Ostlebensmittel mit den Westprodukten messen. Ketchup oder Senf schmecken mir sogar besser.«

Derzeit umfaßt das Sortiment der einzelnen Parkläden etwa 600 Produkte. Aufgekauft wurden zunächst alte Lagerbestände der ehemaligen Staatshandelsläden. Langfristig soll das Sortiment auf über 1.000 Waren aufgestockt werden. Für den Aufbau weiterer Läden in den neuen Ländern rechnet Jungunternehmer Lamla auch mit der Unterstützung der Industrie- und Handelskammern. Sein Fernziel: Die Gründung einer Großhandelskette, die ausschließlich Ostlebensmittel vermarktet. Maren Martell/dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen