: Knatsch um Gleichstellungsgesetz
■ Amt für soziale Dienste fordert Ersatzstellen
Nach dem Bildungsbereich meldet jetzt auch das Amt für Soziale Dienste (ASD) Kritik am Bremer Gleichstellungsgesetz an. „Die Umsetzung des Kernstücks“ des Bremer Gleichstellungsgesetzes sehen die vier Personalräte des ASD „auf das Äußerste gefährdet“. Vierzehn Tage, bevor die meisten Bremer Dienststellen am 15. Mai zum erstenmal Frauenbeauftragte wählen, kündigen die ASD-Personalräte deshalb einen Boykott dieser Wahlen an. Der Grund: Laut Gleichstellungsgesetz ist die Frauenbeauftragte für die Erfüllung ihrer Aufgaben von der Arbeit freizustellen. Wer dann allerdings ihre Arbeit erledigt, klärt das Gesetz nicht.
Im ASD ist für jede der vier Dienststellen eine Frauenbeauftragte zu wählen. Dafür fordern die Personalräte vier Ersatzkräfte. „Wir sind überwiegend ein Frauenbetrieb. Eine Frauenbeauftragte erwarten hier umfassende Aufgaben“, erläutert Personalratsvorsitzende Ulrike Buchner die Forderung nach Ersatzstellen. Denn: „Wer betreut die Kinder in der Kita-Gruppe, wenn die Erzieherin zur Frauenbeauftragten gewählt wurde? Wer bewilligt Sozialhilfebescheide, wenn sich die Sachbearbeiterin um Frauengleichstellung kümmert? Wer reinigt Toiletten, wenn die Kollegin am Qualifizierungsprogramm arbeitet?“
ASD-Chefin, Sozialsenatorin Sabine Uhl, hat die Forderung abgelehnt: es seien keine zusätzlichen Stellen vorgesehen. Die Landesfrauenbeauftragte Ursula Kerstein findet das Vorgehen der ASD-Frauen „unklug“. Bei der Verabschiedung des Gesetzes in der Bürgerschaft sei klar gewesen, daß dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen dürften. Kerstein: „Sonst hätten wir das nie durchgekriegt.“ Ihre Position: „Die Frauenbeauftragten sollten jetzt erstmal gewählt werden und mit ihrer Arbeit beginnen. Dann können wir weiter sehen.“ Das sei so auch mit dem Gesamtpersonalrat vereinbart. Kerstein hofft auf spätere Einsicht des Senats. „Das hat bislang immer funktioniert. Die Fronten sind gar nicht so starr.“
Am 5. Juni soll im ASD die Wahl der Frauenbeauftragten stattfinden. Der Personalrat Ost hat sich bereits festgelegt, die Wahlen zu boykottieren, wenn bis dahin keine Ersatzkraft bewilligt ist. Die Gewerkschaft ÖTV, in der auch die meisten ASD-Mitarbeiterinnen organisiert sind, ist in einer mißlichen Lage. Trotz der schon während der Diskussion des Gesetzes von verschiedenen Seiten geäußerten Kritik an einer „kostenneutralen Lösung“ hatte die ÖTV sich hinter den SPD-Entwurf gestellt. Die konkret begründete Kritik aus einzelnen Dienststellen kann die Gewerkschaft jedoch nicht einfach von Tisch wischen. Auf einer Sondersitzung am Montag soll die Forderung der ASD-Frauen diskutiert werden. Annemarie Struß-von Poellnitz
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