: Kurden protestieren
■ Flüchtlinge wollen nicht in Schutzzone der Alliierten/ Bislang erst knapp ein Viertel der Hilfsgelder bei der UNO eingegangen/ Seuchengefahr steigt
Diyarbakir/Genf (afp/dpa) — Die kurdischen Flüchtlinge in dem Lager bei Isikveren an der türkisch-irakischen Grenze haben eine Protestdemonstration gegen ihre Verlegung ins Innere des Iraks organisiert. Wie der stellvertretende Sprecher des türkischen Außenministers, Ataman, gestern in der südostanatolischen Provinzhauptstadt Diyarbakir sagte, fand die Demonstration am Vorabend auf irakischem Gebiet statt.
Mehrere tausend kurdische Flüchtlinge haben nach seinen Angaben dabei auf Spruchbändern deutlich gemacht, daß sie nicht in die von den multinationalen Truppen unweit der irakischen Grenzstadt Zakho errichteten Lager verlegt werden wollen. Sie fühlten sich dort nicht sicher und würden solange in den Bergen der Grenzregion bleiben, bis der irakische Staatschef Saddam Hussein und die von ihm geführte Baath-Partei entmachtet seien. US-Soldaten hätten erfolglos versucht, die aufgebrachten Kurden zu beruhigen. Der Abtransport der Flüchtlinge sei vorübergehend unterbrochen worden.
Die UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, hat sich „sehr besorgt“ über die Zukunft der irakischen Flüchtlinge geäußert und unzureichende Leistungen der internationalen Gemeinschaft gegen das Elend der Kurden kritisiert. Frau Sadako warnte am Freitag in Genf auch davor, „unberechtigten Druck“ auf die Flüchtlinge auszuüben, um sie zur Rückkehr in die von den multinationalen Truppen eingerichtete Schutzzone im Nordirak zu drängen. Nach Schätzungen des Flüchtlingskommissariats (UNHCR) leben derzeit etwa zwei Millionen Flüchtlinge unter einem „extremen Risiko“. Es gebe praktisch keine Hoffnung auf Medikamentenhilfe, gerade jetzt, wo mit den steigenden Temperaturen auch die Gefahr von Seuchen erheblich zunehme.
Die UNO hatte die internationale Gemeinschaft am 9.April zur Zahlung von 400 Millionen Dollar für die Kurdenhilfe aufgerufen, bisher sind nach Angaben der Sprecherin des UNHCR, Sylvana Foa, aber erst 94,4 Millionen eingegangen. Nach ihrer Aussage werfen die Alliierten keine Lebensmittelpakete mehr ab, die Versorgung mit dem Hubschrauber gehe zu langsam vor sich.
Nach Auffassung des Flüchtlingskommissariats herrscht für die Kurden, die in den Nordirak zurückkehren, noch nicht einmal ein Mindestmaß an Sicherheit. „Selbst wenn wir 10.000 Leute vor Ort hätten, könnten wir die Sicherheit nicht gewährleisten“, sagte Foa.
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