: Basis- gegen Ellenbogendemokratie-betr.: "Vom Lager zur Sekte", Kommentar von Klaus Hartung, taz vom 29.4.91
betr.: „Vom Lager zur Sekte“, Kommentar von Klaus Hartung, taz vom 29.4.91
Der publizistische Wadenbeisser der Rechts-Grünen, Klaus Hartung, hat in seinem Kommentar zur Bundesversammlung in Neumünster zugebissen und lag (mal wieder) knapp daneben.
Neumünster hat klug entschieden. Trotz des vorher gestarteten Trommelfeuers in taz und anderen Blättern wurde ein beachtlicher Kompromiß gefunden: Strukturreform ja (Parteirecht, Verkleinerung des Vorstandes, zwei SprecherInnen, Aufhebung der Rotation), nicht jedoch die Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat, was die Herausbildung einer Cliquenwirtschaft bedeutet hätte. Daneben wurde ein SprecherInnenduo installiert, das die Mitte der Partei repräsentiert. Die „Rechts- und Linksextremisten“ haben zu Recht eine Abfuhr erhalten, da sie auf Konfrontation und Durchmarsch gesetzt haben. Daß die Fundis ihren Austritt angekündigt haben, kann nur zur weiteren Konsolidierung der Grünen beitragen. Insofern hat Neumünster ein positives Signal gesetzt, auch wenn sich Klaus Hartung ein anderes gewünscht hätte. Peter Bischoff, Darmstadt
Mit dem untrüglichen Haß auf alles Linke, sollte Hartung endlich seine Kommentare auf CDU- und FDP- Parteitage beschränken! Oder leidet er auch an seiner Vergangenheit, wenn er schreibt: „Die Basisdemokratie, wie alle historischen Formen der Selbstverwaltung, hat keine Kraft zur wirklichen Erneuerung!“
Recht hat er! Die Grünen Juppies machen nicht gerade Basisdemokratie. Aber sie machen doch immerhin die Verkehrsformen des sozialen Rechtsstaates zur Garantie ihres Lebensunterhaltes. Dieses Ziel mögen sie mit der „Basis der grünen Vergangenheit“ teilen. Aber nun trennen sie sich von denen, die heute von diesem Ziel so weit weg sind, wie sie es einmal waren. Basisdemokratie war für sie nur eine Durchgangsstation.
Wer heute, arm an Mitteln, Wohnung sucht, von den Gewerkschaften erwartet, daß sie für anständige Tarifabsicherungen der Arbeitsplätze sorgen, oder gar in der Zweidrittelwelt Arbeit die Augen offen hat, wird sich weiter mit der Basisdemokratie gegen die Ellenbogendemokratie identifizieren, um seine Menschlichkeit zu wahren. Das aber prognostiziert Hartung als Untergang der Grünen.
Ich stelle mir vor, daß Grüne und grüne Wähler ihre politische Parteilichkeit unverwechselbar klären wollen. Sie wollen nicht einer Partei angehören, die den Selbstzweck verfolgt, in einem Staat mächtig zu werden, der nachweislich Zerstörung hervorbringt. Sollten die Grünen die Zerreißprobe zwischen politischer Rechtsordnung und Gerechtigkeit tatsächlich aufgeben wollen, wird die Armut in unserer Demokratie ein politisches Sektendasein führen müssen. Und die grüne Partei labt sich derweilen an den Pfründen der Staatsknete. Pastor Herman Bergengruen, Hannover
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