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„Mit Fettglasur und Farbstoff“

■ Im Namen des Volkes: Billige „Sachertorte“ ist nicht gleich Sachertorte

Die Leute in der Pappelstraße hatten es gut: Sachertorte für nur 2,20 bot der Bäcker B. an, „mit Fettglasur und Farbstoff“ stand auf dem Preisschildchen. Aber wer denkt bei Sachertorte schon an die Gesundheit! Der gute Mann mußte sich gestern vor Gericht für seine billige Torte verantworten. „Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz“ sah der Staatsanwalt in dem billigen Kuchen. Der Bäckermeister versicherte, er habe sich an das Rezept aus seinem Fachbuch gehalten und das auch nicht abgewandelt. Das Buch habe er von seinem Vater, der Betrieb hat Tradition.

Die Lebensmittelpolizei hatte allerdings bei ihrem Kontrolleinkauf im November 1989 festgestellt, daß statt der vorgeschriebenen Butter Margarine verwandt worden war. Anstelle der Kakao- Masse analysierte das Labor Fettglasur und Farbstoff, und der Boden sah eher nach einem Schoko- Boden als nach einem teuren Sacher-Boden aus.

Kein Vertun also für einen richtigen Bäcker. Als der versierte Lebensmittelrichter hart blieb, sann der Bäckermeister auf Ausreden. Sein Konditormeister sei in Urlaub gewesen, er habe eine Aushilfe vom Arbeitsamt gehabt. Immerhin hatte der Bäcker die minderwertige Angabe auf das Preisschildchen geschrieben.

Dies allein minderte die Schuld des Bäckers. „Da kann man nichts besseres erwarten“, beschrieb Richter Friedrich Wulf das gesetzlich zu erwartende Kundenverhalten. Immerhin hatte sich niemand über fehlenden Geschmack der falschen Torte beschwert. Aber: Wie soll sich jemand beschweren, der den Geschmack der echter Sacher nicht kennt? Wulf empfahl dem Bäcker, für die Sacher 3.-Mark zu nehmen und nur noch nach dem Original-Rezept zu backen.

Aushilfe hin, Preis her — unter dem Namen der Sacher-Torte darf nach deutschem Lebensmittelrecht nichts minderwertiges angeboten werden. Daß der angeklagte Bäcker nur durch seinen Verteidiger hoch und heilig versprechen wollte: „Es wird nie wieder vorkommen“, war dem Hüter des Gesetzes zu wenig. Er brummte dem Bäcker 1000.-Mark Geldbuße auf, die auf das Konto des Kinderheims St. Petri gehen sollen. Der Bäcker sei „ausreichend beeindruckt“ vom wachen Auge des Gesetzes, erklärte Richter Wulf die Einstellung des Verfahrens. t/n

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