piwik no script img

Im Kino: Douglas Street

■ Black Zelig

Woody Allen hat sich seinen Zelig ausdenken müssen, der schwarze unabhängige Filmemacher Wendell B. Harris Jr. hat dagegen tatsächlich ein menschliches Chamäleon gefunden: der sonderbare William Douglas Street hatte sich 14 Jahre lang in die verschiedensten Professionen und Positionen geschummelt.

Als Sportreporter, Austauschstudent, Anwalt oder Arzt war es ihm erstaunlich lange gelungen, die Umwelt an der Nase herumzuführen, bis er regelmäßig ebenso spektakulär wie komisch aufflog. Da hatte er aber zum Beispiel im Krankenhaus schon 23 mal erfolgreich operiert.

Seine Geschichte ist eine Abfolge von brillanten Coups und dummen Patzern: die Entführung eines berühmten Baseball-Spielers etwa ist ihm mißlungen, weil er die Lösegeldforderung mit seinem richtigen Namen unterschrieben hat. Wendell B. Harris hätte nur an den Fakten entlangfilmen müssen, und er hätte eine witzige Komödie im Kasten gehabt.

Stattdessen versucht er leider, bei jeder Einstellung mit Macht zu zeigen, wie originell und komisch er ist. Ich habe lange keinen Film mehr gesehen, bei dem so viele Gags nicht zünden, in den so viele technische Kinkerlitzchen nur um ihrer selbst willen hineingepackt wurden: Sprünge in die Video-Ästhetik zum Beispiel, die heute schon in jedem zweiten Film zu haben sind.

Außerdem ließ es sich der Regisseur nicht nehmen, selber die Hauptrolle zu spielen. Leider identifiziert er sich dabei heftig mit Douglas Street. Den ganzen Film über müssen wir uns mit einem Icherzähler herumplagen, der sichtlich viel von sich hält und umso langweiliger ist. Nicht Street selbst, nur seine abenteuerlichen Verwandlungen könnten uns packen.

Vielleicht liegt es auch nur an der deutschen Synchronisation, bei der motherfucker bekanntlich gern mit Witwentröster übersetzt wird - aber das bemüht hippe Gerede von Street geht einem schon sehr bald gehörig auf die Nerven. Da ist nichts vom selbstironischen Humor eines Spike Lee zu spüren.

Die Machosprüche erinnern eher an die Filme über den schwarzen Superman „Shaft“. So kommt der Film leider genauso großkotzig daher wie sein Protagonist. Und die schönen Pointen der Realsatire schimmern nur vereinzelt durch. Wilfried Hippen

Cinema 20.45 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen