Giftmüll soll versilbert werden

■ Die sterbende Kali-Industrie in Sachsen-Anhalt will in den leeren Schächten Sondermüll einlagern/ Gutachten sehen keine Gefahr/ Längerfristig Risiko für das Trinkwasser in der Colbitzer Heide

Berlin (taz) — Sachsen-Anhalt war das Dreckloch der DDR. Fast 50 Prozent aller Schadstoffemmissionen in Luft, Wasser und Boden hatten hier ihren Ursprung, von der Salzhalde bei Zielitz im Norden zu den Leuna-Werken im Süden. Und nun lassen die drängende Arbeitslosigkeit und sozialen Probleme neue Entscheidungen gegen die Umwelt befürchten.

Die sterbende Kali-Industrie des Landes sieht ihre Rettung im Schlucken von Giftmüll. Die Landesregierung in Magdeburg bestätigte bereits im April dieses Jahres, daß die Kali AG Zielitz (Tochter der Mitteldeutschen Kali AG) einen Antrag zur Eröffnung eines Raumordnungsverfahrens für eine Untertagedeponie gestellt hat.

In ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion in Magdeburg weist die Regierung auf fünf beigefügte Gutachten hin, die angeblich die prinzipielle Eignung des Nordfeldes der Grube Zielitz, zumindest für den Probebetrieb, nachweisen. Die überlagernden Deckschichten gewährten aus geologischer Sicht einen ausreichenden Schutz gegen einen Wassereinbruch, das größte Problem einer Mülleinlagerungen unter Tage. Für Zeiträume von maximal 100 Jahren seien „keine wesentlichen“ Probleme zu erwarten. Alles in allem: „Bei Einhaltung der Parameter für den Deponiebetrieb ist eine gefahrlose Ablagerung der zugelassenen Abfall- und Reststoffarten gegeben.“

Nun sind Gifte wie Schwermetalle und Blausäureverbindungen auch in hundert Jahren noch giftig.

Nur ein paar Kilometer von der Grube entfernt befindet sich die Colbitzer Heide mit einem Trinkwasserwerk für eine halbe Million Menschen des Großraumes Magdeburg.

Nicht nur Zielitz, auch die beiden anderen Standorte in Sachsen-Anhalt mit großen Hohlräumen unter Tage, Bernburg und Roßleben, bewerben sich um die Sondermülldeponie. Jeder der Kandidaten behauptet, er hätte den sichersten Standort zu bieten.

Einer soll es am Ende nur sein, der den giftigen Zuschlag erhält, so die Vorstellungen des Umweltministers Rauls. Minister Raul legt Wert darauf, sich bei der Einlagerung auf anhaltinischen oder zumindest ostdeutschen Sondermüll zu beschränken. Offen bleibt, wie diese Beschränkung ab 1993 mit dem offenen EG- Binnenmarkt aufrechterhalten werden soll.

Bernd Hartmann vom Öko-Zentrum Magdeburg warnt: „Wenn sich die Giftmülleinlagerung zum profitablen Geschäft entwickeln sollte, wird Sachsen-Anhalt zum europäischen Sondermüllklo.“Arbeitsplätze bringt die Giftmülleinlagerung dagegen nur wenige. Arno Michaldzik, Vorstandsvorsitzender der Zielitzer Kali-AG, gab zu: Ganze 60 Arbeitsplätze wird die Giftgrube zu bieten haben. Ernst Dörfler