: Vorerst bleibt es eine Bummelbahn
■ Das Streckennetz leidet unter Steinkrebs/ Die Deutsche Reichsbahn wird sich vorerst nicht schneller fortbewegen/ Bessere Verbindungen zwischen den großen Städten sind ab Juni angekündigt
Leipzig. Das veraltete Streckennetz der Reichsbahndirektion Halle läßt auch mit dem von Juni an geltenden neuen Fahrplan noch keine höheren Geschwindigkeiten zu. Die 3.700 Kilometer Strecken, die durch Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen führen, seien erst zu etwa zwei Dritteln von den anfälligen Alkalischwellen befreit, erklärte der Fachbereichsleiter Günter Scheer auf einer Pressekonferenz in Leipzig.
Einzig auf Neubaustrecken, wie der zwischen Leipzig und Weißenfels, könnten schon jetzt 120 Kilometer pro Stunde gefahren werden.
Deutlich verbessern werden sich jedoch ab 2. Juni die Verbindungen zwischen den großen Städten. So werde vom Hauptbahnhof in der Messestadt aus ein zweiter Intercity- Zug (IC) namens „Georg Philipp Telemann“ den Verkehr nach Saarbrücken aufnehmen. Der IC „Johann Sebastian Bach“, der bisher zwischen Leipzig und Frankfurt/Main verkehrte, fährt dann auch bis Dresden. In der Landeshauptstadt werden täglich 22 Schnellzüge aus Leipzig ankommen.
Dreizehnmal am Tag geht es von Leipzig nach Berlin, fünfzehnmal nach Erfurt, achtmal nach Cottbus. Auf der Strecke der künftigen Regionalschnellbahn Leipzig-Chemnitz fahren die Züge ab Anfang Juni in beide Richtungen im Zweistundentakt .
Auch der Service soll sich spürbar verbessern (hoffentlich), kündigte die Bahn an. Platzreservierungen, Auskunft und Fahrkartenkauf können fortan an einem Schalter erledigt werden. In Leipzig sind schon seit der Frühjahrsmesse Serviceteams im Einsatz, die bei ankommenden Zügen über Anschlüsse, Straßenbahnen, Taxistände und ähnliche Fragen Auskunft geben können. Bereit steht ebenfalls ein Dienstmann mit einer E-Karre, der hilfebedürftigen Personen unentgeltlich deren Gepäck transportieren soll.
Unzufrieden äußerte sich Pressechef Harald Adler über die Mitropa, die für die Gastronomie und die Toiletten verantwortlich ist. Zwar halte die Reichsbahn 51 Prozent an der Mitropa-Aktiengesellschaft, doch gelänge es ihr aufgrund des alten Generalvertrages noch nicht, ausreichend Einfluß auf Qualität zu nehmen.
Für 1992 seien weitere erhebliche Veränderungen im Reichsbahndirektionsbereich zu erwarten, wurde mitgeteilt. So werden von Leipzig und Dresden die EC-Züge „Gustav Eiffel“ und „Heinrich Heine“ nach Paris fahren. Die Strecke Berlin-Dresden soll dann bereits für Geschwindigkeiten mit 160 Kilometern pro Stunde befahrbar sein. Der wachsenden Bedeutung des Flughafens Schkeuditz für die Industrieregion Leipzig-Halle angemessen, soll hier ein echter Verkehrsknotenpunkt entstehen. Eine Neubaustrecke nach dem Vorbild der Citybahn der Bundesbahn könnte eine Schnellverbindung entlang der A 14 zwischen Leipzig und Halle mit Halt in Schkeuditz schaffen. Die Entscheidung darüber könnte bis Ende 1991 fallen. Ebenso wäre denkbar, daß sich in Schkeuditz die beiden im Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ geplanten Korridore Nürnberg-Erfurt in Richtung Leipzig sowie Kassel- Halle in Richtung Dresden treffen. adn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen