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Akten-Ruhe um Aribert Galla

■ Noch immer keine Anklage im Skandal um die St.-Jürgen-Schwarzgeld-Klinik

Während der dritte Untersuchungsausschuß der Legislaturperiode gestern mit der Zeugenvernehmung in Sachen Hans- Wendt-Stiftung begann, läßt die Aufarbeitung des Skandals um die Schwarzgeld-Klinik St.-Jürgen-Straße weiter auf sich warten. Trotz dreijähriger Ermittlungen einer Sonderkommission der Staatsanwaltschaft gibt es bis heute noch nicht einmal eine Anklage gegen den ehemaligen Klinik-Chef Aribert Galla.

Zwar hatte der parlamentarische Untersuchungsausschuß „St.-Jürgen-Straße“ dutzende Aktenordner mit Details über Schmiergeldzahlungen an den Chef des größten Bremer Krankenhauses gefüllt und in dem voluminösen Abschlußbericht die mangelnde Staatsaufsicht über Aribert Galla kritisiert. Doch nachdem die ehemaligen Hauptakteure, Gesundheitssenator Herbert Brückner und dessen Senatsdirektor Hans-Helmut Euler von ihren späteren Posten als Chef der SPD bzw. der Senatskanzlei geschaßt waren, wurde es auch um den 1990 in Frankreich verhafteten Galla ruhig.

„Galla hat ja erst in diesem Jahr eine umfassende Aussage gemacht“, begründet Oberstaatsanwalt Klaus Lettau die Verzögerung des Prozeßbeginns. Die Geständnisse und Aussagen Gallas müsse der ermittelnde Staatsanwalt Volker Dützschold jetzt schließlich erstmal gründlich überprüfen. „Da erlebt man manchmal noch Überraschungen“, ahnt Lettau. Einen Termin für den Beginn des Prozesses will er nicht nennen, einen Zusammenhang mit der Bürgerschaftswahl am 29. September gebe es aber bestimmt nicht.

Lettaus Kollege, der Staatsanwalt für Wirtschaftsdelikte, Wolfgang Litzig, hält eine Ermittlungsdauer von drei Jahren zwar ebenfalls für „ganz normal“. Normalerweise allerdings seien solche Verzögerungen darauf zurückzuführen, daß „die Akten unbearbeitet irgendwo rumliegen“. Mit dem Fall Galla seien dagegen „so viele Leute befaßt, daß uns für andere Ermittlungen die Staatsanwälte fehlen“.

Eilig hat es allerdings auch Aribert Galla selber nicht mehr mit seinem Prozeß. Seitdem er Anfang April gegen eine sechsstellige Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, hat er kein Interesse mehr an einer Beschleunigung der Ermittlungen. „Wir sehen dem mit Ruhe entgegen“, sagt Gallas Anwalt, Axel Hattendorff.

Er versucht den Fall auf einen x-beliebigen kleinen Betrug herunterzubewerten. „Wir haben keinerlei Interesse, daraus eine politische Sache zu machen“, sagt er und entschärft damit den Skandal auch für Senat und SPD. Sie müssen in dem kommenden Prozeß keine Neuauflage der Vorwürfe für ihre mangelnde Aufsicht über den Klinik-Chef und Genossen Galla mehr fürchten.

Selbst die Frage, welcher Richter über den Fall Galla einmal zu urteilen haben wird, ist offen. Denn noch hat die Staatsanwaltschaft nicht entschieden, ob sie den Schwarzgeldklinik-Skandal vor die Wirtschafts- oder vor eine normale Strafkammer bringen wird.

Nur für den Fall, daß doch noch jemand die Aktenruhe stören und aus dem kleinen Betrugsdelikt Galla wieder einen großen Skandal machen will, hat Anwalt Hattendorff auch noch eine Drohung parat: „Wir wollen kein politisches Verfahren, es sei denn, andere machen es dazu.“ Ase

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