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Thierse wünscht Mehrheit für Berlin

■ Die Berlin-Befürworter haben Angst vor einer offenen Hauptstadt-Debatte

Wolfgang Thierse, stellvertretender SPD-Vorsitzender, ist der ranghöchste Sozialdemokrat aus den neuen Bundesländern. Auf ihn blicken die neuen Landesverbände der SPD, die in einem gemeinsamen Parteitagsantrag die Sozialdemokratie in der Hauptstadtfrage auf Berlin festlegen wollen.

Auf dem Weg zum Empfang und Essen im Bremer Rathaus haben wir am Montag mittag Thierse abgefangen und ihn nach dem Thema befragt.

taz: Wird es zu einer Debatte über die Hauptstadt-Frage, Bonn oder Berlin, kommen?

Thierse: Das ist nicht genau vorherzusehen, weil man einen Parteitag nicht so planen kann und vielleicht auch nicht so planen sollte. Eine Debatte würde sicher mit Verwundungen und Verletzungen einhergehen.

Sie kämpfen nicht dafür?

Weil ich nicht glaube, daß die Parteiungen, die es da in Deutschland quer durch alle Parteien gibt, durch eine Debatte wirklich verändert werden. Man könnte nur sich gegenseitig die Argumente und die Emotionen an den Kopf und ans Herz schleudern. Deswegen zögere ich, ob ich eine Debatte und vor allem eine Abstimmung wünschen soll.

Ist die SPD abgetaucht?

Vielleicht gelingt es uns zu sagen: Wir sind gespalten in dieser Frage, damit müssen wir leben, es müssen die Gremien entscheiden, die darüber entscheiden müssen — Bundestag und Bundesrat.

In anderen Fragen, die Parteigremien nicht unmittelbar entscheiden, bilden Parteien sich trotzdem eine Meinung...

Dieses Meinungsbild ist entstanden, indem ganz viele Landesverbände Abstimmungen gemacht haben. Da kann man sehen, daß es eine Mehrheit für Berlin gibt.

Die Nordrhein-Westfalen glauben an eine Mehrheit für Bonn...

Ja, weil die nordrhein-westfälische SPD die stärkste Partei innerhalb der SPD ist. Ich habe von einer Mehrheit der Landesverbände gesprochen. Der Landesverband NRW ist für Bonn, das ist naheliegend, weil Bonn ein Stück von ihnen ist.

Kirchturmspolitik?

Nein, ich will das nicht so schlimm nennen. Aber es ist die Verteidigung ganz unmittelbarer Interessen, was ich verstehen kann, aber dennoch für verkürzt halte.

Ihre persönliche Meinung?

Ich wünsche mir sehr, daß es eine Mehrheit für Berlin gibt, weil das der einzige Punkt ist, in dem wir noch etwas beitragen können zur Einigung Deutschlands, und eine Partei wie die Sozialdemokratie, die wirklich eine gesamtdeutsche Partei immer war in ihrem Anspruch, müßte da eine Mehrheit gewinnen. Aber ich weiß nicht, wie das gelingen wird. Int.: K.W.

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