MIT SCHÄUMENDEN WEINEN AUF DU UND DU: Sekt — legal gepanscht
■ Verbraucher kritisieren Gesundheitsministerium
Bonn (ap/taz) — Hochwertige Schaumweine erfreuen sich — zumindest in den alten Bundesländern — steigender Beliebtheit, wie die Hersteller prickelnder Luxusgetränke nicht müde werden zu betonen. Besonders der echte Rebsorten-Sekt findet immer mehr LiebhaberInnen. Zu denen gehört offensichtlich nicht Bundesgesundheitsministerin Gerda Hasselfeld (CSU), der wohl die bayrischen Bierbrauer näher stehen als die fränkischen Winzer. Wie sonst könnte es zu jener Verordnung ihres Ministeriums gekommen sein, welche die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) gestern auf das heftigste in Bonn kritisiert hat.
Dem Vernehmen nach will die oberste Gesundheitsbehörde nämlich Sektpanscherei legalisieren. Zu diesem Zweck hat sie dem Bundesrat eine Verordnung zur Entscheidung vorgelegt, nach der bis zu 15 Prozent irgendeines Billigweines zur Herstellung eines echten Rebsorten-Sektes verwendet werden dürfen. Die Verbraucherverbände schäumen zu Recht, hoffen aber noch, daß die Länderkammer die „Fehlentscheidung der Regierung“ korrigieren wird.
Die Verbraucherorganisation klärte gestern auf, daß nach einer EG-Verordnung eine Beimischung fremder Grundweine in reinemRebsorten-Sekt nicht erlaubt sei, wenn die Rebsorte deklariert werde. Ausnahmeregelungen im nationalen Bereich seien jedoch zugelassen. Unter dem Einfluß der Sekt-Lobby wolle das Bundesgesundheitsministerium „diese bequeme Täuschungspraxis in der Schaum-Branntwein-Verordnung jetzt absegnen lassen“, kritisierte die AgV. Wenn der Bundesrat die Verordnung verabschiede, solle er „die Ausnahmeregelung ersatzlos streichen“. Das wäre nicht nur gut für alle deutschen GenießerInnen, die dann nicht mehr mit überteuerten Mischprodukten getäuscht werden könnten, sondern auch zum Vorteil der weißen Schafe der Branche — die Derartiges selbstverständlich schon immer abgelehnt haben ... dri
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