piwik no script img

Nachgefragt: Eier auf Kohl nicht unanständig

NACHGEFRAGT

Eier auf Kohl nicht unanständig

„Beschämend“ findet Bremens CDU-Chef Bernd Neumann die Tatsache, daß der Eierwerfer von Halle, der dortige Juso-Vorsitzende Matthias Schipke (21), in die Bremer SPD aufgenommen werden soll. In Halle kam er mit seinem Parteiaustritt einem Ausschlußverfahren zuvor. Die handgreiflich-unbeherrschte Reaktion des getroffenen Kanzlers Kohl hatte konservative Kreise erschreckt, die Fernseh-Bilder davon waren um die Welt gegangen.

Nachfragen an Susi Möbbeck, frühere Juso-Bundesvorsitzende und jetzt stellvertretende Ortsvereins-Vorsitzende in Bremen-Altstadt:

Ist Matthias Schipke schon Bremer SPD- Mitglied?

Susi Möbbeck: Uns liegt eine Beitrittsanmeldung vor, unser Ortsverein wird am Mittwoch darüber beraten. Carsten Sieling, der Ortsvereinsvorsitzende, und ich als seine Stellvertreterin sind dafür, ihn aufzunehmen.

Woher kennt ihr ihn?

Vom SPD-Bundesparteitag, da war er als Gast.

Wie ist da er ausgerechnet zu einem Wohnsitz in Bremen-Mitte gekommen?

Susi Möbbeck

Für ihn ist die Situation so, daß er in Halle wenig Perspektive hat...

... in der Partei..

... ja, und dort sehr unter Druck steht. Vor dem Hintergrund überlegt er sich, nach Bremen zu kommen, um hier zu Ende zu studieren.

Verdient der Bundeskanzler in der derzeitigen Lage Eier?

Eier sind mal wieder keine Argumente. Für mich ist aber die Frage ersthaft zu stellen, wer mehr der politischen Kultur in unserem Land schadet, die CDU mit leeren Wahlversprechen und den Enttäuschungen, die sie in den neuen Bundesländern produziert, oder ein Jugendlicher, der ein Ei auf den Bundeskanzler wirft. Jeder anständige Politiker in der Bundesrepublik hat in den letzten zwanzig, dreißig Jahren diverse Eierwürfe abbekommen. Ich kann daran nichts sehen, was ein Grund wäre, darauf einen Staatsskandal zu machen. Int.: K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen