Richter bleiben hart: Zwölf Jahre für RAF-Aussteigerin

■ Susanne Albrecht profitiert nur mäßig von der Anwendung des Kronzeugengesetzes/ Urteil wegen Mord an Ponto und Haig-Anschlag

Stuttgart-Stammheim (taz) — Das Signal für einen moderaten Umgang mit den RAF-Aussteigern aus der DDR fehlt weiterhin. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte gestern Susanne Albrecht zu zwölf Jahren Haft. Damit bestätigten die Stammheimer Richter genau das Strafmaß, für das das Bayerische Oberste Landesgericht im Fall des Werner Lotze heftige Urteilsschelte einstecken mußte. Obwohl Susanne Albrecht den Tod ihres Nennonkels Jürgen Ponto im Juli 1977 nicht wollte, ist sie für den Fünften Senat des OLG eine Mörderin. Als sie sich für das RAF-Kommando als „Türöffnerin“ im Hause Ponto betätigte, habe sie sich mit dem möglichen blutigen Ausgang abgefunden. Außerdem verurteilte das Gericht die DDR-Heimkehrerin wegen dreifachen Mordversuchs im Zusammenhang mit dem Anschlag auf Nato-Oberbefehlshaber Alexander Haig im Juni 1979.

Die Kronzeugenregelung schlug für Susanne Albrecht nur im Zusammenhang mit ihren Aussagen zum Haig-Anschlag und zur Struktur der RAF zu Buche. Außerdem habe sie die zentrale RAF-These von den Morden in Stammheim „authentisch widerlegt“. Zum Fall Ponto habe sie „nichts nennenswert Neues“ beigesteuert. Ohne Kronzeugenregelung wäre lebenslange Haft „zwingend“ gewesen, meinte der Vorsitzende. SEITEN 4 UND 10