: Slowenien verläßt Jugoslawien
■ Einen Tag nach Kompromißvorschlag zur Rettung des Bundes/ Wortgefecht mit Serbien fortgesetzt
Belgrad (ap) — Slowenien hat dem jugoslawischen Parlament in Belgrad formell seinen Austritt aus dem Bund zum 26. Juni mitgeteilt. Die Belgrader Zeitung 'Borba‘ berichtete gestern, in der Mitteilung habe die nördlichste Republik gleichzeitig ihre Absicht hervorgehoben, mit anderen jugoslawischen Republiken Vereinbarungen bis hin zu einem losen Staatenbund auszuhandeln. Am Vortag hatten die Republiken Bosnien-Herzegowina und Makedonien ein Kompromißpaket zum Erhalt des vom Zerfall bedrohten Vielvölkerstaates vorgelegt. In der Erklärung Sloweniens werden sofortige Verhandlungen über die Aufrechterhaltung von Bundesinstitutionen für die Zeit bis zum Erreichen der vollen Souveränität gefordert. Kroatien, das bereits den 30. Mai zum „Tag der Eigenstaatlichkeit“ erklärt hat, will ebenfalls bis Ende des Monats seine Unabhängigkeit erklären.
Bosnien-Herzegowina und Makedonien wollen am kommenden Donnerstag ihren Plan zum Erhalt des Bundes auf einem Treffen der sechs Republikpräsidenten in Sarajewo erläutern. Das Treffen sollte das letzte einer Serie von bisher erfolglosen Konferenzen sein, bei dem die Länderchefs versuchen wollten, sich doch noch auf einen Kompromiß über die Zukunft Jugoslawiens zu einigen.
Der Plan stellt einen Kompromiß zwischen den zentralistischen Positionen Serbiens und Montenegros auf der einen und der vom Unabhängigkeitsgedanken geprägten Haltung Sloweniens und Kroatiens auf der anderen Seite dar. Bosnien-Herzegowina und Makedonien wollen einen „Bund jugoslawischer Staaten“, die ein gemeinsames Bundesparlament, einen gemeinsamen Staatpräsidenten, eine gemeinsame Währung und gemeinsame Streitkräfte unterhalten.
Gleichzeitig sollen die Einzelstaaten eigene Streitkräfte unterhalten dürfen und sich wirtschaftlich nach dem Vorbild der EG zu einem gemeinsamen Markt zusammenschließen dürfen. Auf allen anderen Gebieten, besonders in Fragen der Außen- und Innenpolitik, sollen die Republiken völlig souverän sein.
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