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„Heilsfront“ und „Befreiungsfront“ einig

Algier/Berlin (taz/afp/dpa) — Nach tagelangen blutigen Unruhen hat die algerische „Islamische Heilsfront (FIS) nach eigener Darstellung mit der politischen Führung des Landes ein Abkommen geschlossen. Nach Angaben des FIS-Chefs Abassi Madani sind darin Präsidentschafts- und Parlamentswahlen innerhalb von sechs Monaten vorgesehen. Dies sagte der FIS-Vorsitzende beim Freitagsgebet in Algier. Das Abkommen sei mit der Regierungspartei Nationale Befreiungsfront (FLN) geschlossen worden. Es gebe nunmehr keinen Grund mehr zu demonstrieren, sagte Madani beim Freitagsgebet in Algier. Der zweite Mann der FIS , Ali Belhadj, gab in der Bab el-Oued-Moschee eine ähnliche Erklärung ab. Politische Beobachter in Algier rätseln, was für Zusagen die FLN der FIS gemacht hat und nach welchem Wahlgesetz die Parlamentswahlen stattfinden sollen. Die algerische Führung gab zunächst keine Stellungnahme.

In der Nacht zum Freitag war es trotz des Ausnahmezustandes und der Ausgangssperre zu Schießereien gekommen. Nach amtlichen Angaben wurden dabei fünf Sicherheitskräfte verletzt. Möglicherweise gab es aber in anderen Landesteilen etliche Tote. In der ostalgerischen Stadt Suq Haras sollen nach Angaben von Bewohnern 30 Personen getötet worden sein. Nach Angaben der Polizei wurden nachts 30 Demonstranten festgenommen, die ein staatliches Lebensmittellager in Brand stecken wollten. In der Nacht waren Hunderte Menschen durch die Straßen gezogen. Sie hatten Eisenstangen gegeneinander geschlagen und skandiert: „Allah ist groß.“ Zu den Demonstrationen hatte die FIS aufgerufen.

Nach blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei am Dienstag hatte Präsident Chadli Bendjedid die für den 27. Juni geplanten Wahlen für einen unbestimmten Zeitraum verschoben und den Ausnahmezustand verhängt. Unterdessen verbreitet die FIS eine Liste der „Märtyrer“, der Opfer der Unruhen vom Dienstag. Im größten Krankenhaus von Algier wurden 26 getötete Demonstranten gezählt.

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