Kohlhaas vor Gericht

Berlin. Gestern nachmittag wurde das Strafverfahren gegen Heinz T. wegen Beleidigung, Wertzeichenfälschung, Betrug und Nötigung vor dem Landgericht Berlin vorläufig eingestellt. Heinz T. war 1986 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, die er zur Zeit noch in der JVA Tegel absitzt. 1987 war ihm seine Wohnung gekündigt worden, was den sonst als verträglich bekannten Angeklagten »ausflippen« ließ, so der sachverständige Psychiater. Nach dem Motto: Ich habe eine Wohnung — also bin ich, bekämpfte Heinz T. die Wohnungskündigung mit einer Flut unflätiger Briefe an Richter, Staatsanwälte und die Wohnungsbaugesellschaft. Die beleidigenden Briefe habe er auch noch mit bereits benutzten Briefmarken beklebt, warf ihm die Staatsanwaltschaft vor und suchte dies mit Gutachten zu beweisen. Auch kleine Späße des Angeklagten wie die Bestellung von Pornozeitschriften und juristischen Fernkursen nahmen die Richter nicht für ihn ein. Der Angeklagte, gab der Psychiater zu bedenken, trage Züge eines Michael-Kohlhaas-Syndroms. Schuldunfähig sei er deshalb jedoch nicht. Gestern wurde der Antrag der Verteidigung, Heinz T. nicht nur psychiatrisch, sondern auch psychologisch und psychoanalytisch auf ein die Schuldfähigkeit ausschließendes Michael-Kohlhaas-Syndrom untersuchen zu lassen, vom Gericht angenommen und das Verfahren vorläufig eingestellt. Bericht folgt. ana