: Kabinett streitet um Wanzen und Lauscher
Koalition tastet sich an Gesetz zur „Organisierten Kriminalität“ heran/ Keine Lauschangriffe in Wohnungen ■ Aus Bonn Ferdos Forudastan
Ganz langsam näherzukommen scheinen sich CDU/CSU einerseits und FDP andererseits in der strittigen Frage darüber, wie die sogenannte Organisierte Kriminalität zu bekämpfen ist. Das zeichnete sich gestern in Bonn nach einem Gespräch zwischen Mitgliedern der Koalitionsfraktionen, der sie tragenden Parteien und Bundeskanzler Kohl ab. Wie aus Koalitionskreisen verlautete, haben sich die Liberalen dabei durchgesetzt, daß in dem anstehenden Gesetz zur Bekämpfung der sogenannten Organisierten Kriminalität „Lauschangriffe“ auf Wohnungen nicht erlaubt werden. Großzügig soll sich die FDP in der Frage zeigen, was man unter den Begriff „Wohnung“ fallen läßt. Für Besprechungen angemietete Hotelzimmer oder Büroräume müßten nicht unbedingt als Wohnung angesehen werden, hieß es in der FDP. Nicht einigen konnten sich die Teilnehmer der Runde beim Kanzler gestern darüber, ob als Verdeckte Ermittler arbeitende Beamte Straftaten begehen dürfen. Besonders die rechts- und innenpolitischen Fachleute der Liberalen haben in der Vergangenheit stoisch wiederholt, daß sie diesem Vorhaben der CSU und des Innenministers Wolfgang Schäuble nicht zustimmen werden. Es ist denkbar, daß sie sich in dieser Frage durchsetzen — zumal auch Teile der CDU Straftaten verdeckter Ermittler in einem Gesetz zur Organisierten Kriminalität nicht zulassen wollen. Strittig blieb gestern auch, ob Richter den Einsatz von Wanzen genehmigen müssen und ob ein von der Polizei Belauschter nach der Abhöraktion über sie benachrichtigt werden muß. Die Koalition ist gezwungen, sich in den nächsten Wochen zu einigen: Sie muß demnächst eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Bekämpfung der „Organisierten Kriminalität“ abgeben, den anschließend der Bundestag behandelt. Diesen Gesetzentwurf hatten Bayern und Baden-Württemberg in der Länderkammer eingebracht. Er war mit knapper Mehrheit verabschiedet worden und weitet die Befugnisse der Polizei erheblich aus.
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