piwik no script img

Angepißt und gefoltert

■ Zwei Männer quälten und vergewaltigten befreundete Frau / Erster Prozeßtag

Der erste Prozeßtag im Landgericht brachte eine kaum auszuhaltende Aufzählung von Grausamkeiten. Zwei Männer hatten in einer Ein-Zimmer-Wohnung zusammengehaust und die Freundin des einen gezwungen: Den einen Mann oral zu befriedigen — den Urin des einen zu trinken — vor den Männern zu onanieren. Dann haben die Männer der Frau die Schamhaare abrasiert — hatten sie in der Wohnung vergewaltigt — waren einige Tage später zu dritt mit dem Bus aus Bremen rausgefahren — hatten die Frau wieder zum Mundverkehr gezwungen — hatten anschließend der auf dem Boden liegenden Frau ins Gesicht gepißt — sie erneut vergewaltigt — ihr brennende Zigaretten auf dem Körper und an den Genitalien ausgedrückt — sie weiter gequält und ihr bündelweise stechende Getreideähren in die Scheide gesteckt — der ältere von beiden, der 48jährige Thomas K., hatte vollends die Beherrschung verloren, auf die am Boden liegende Frau eingeschlagen, sie gewürgt: „Dich bringe ich um, du alte Schlampe, du alte Hure.“

Das Opfer, Ester M., mit dem jüngeren Mann befreundet, war schon vorher psychisch labil. Nach der Tat suchte sie Hilfe im psychiatrischen Krankenhaus Bremen-Ost.

Die beiden Täter gestanden. Gestern vorm Landgericht schilderten sie sich gegenseitig als besonders brutal gegenüber der Frau. Der jüngere von beiden, der 29jährige Fußgängerzonen-Bettler Joachim R., vermittelte vor Gericht den Eindruck, als sei er mit etlichen Grausamkeiten gegen Ester M. nicht einverstanden gewesen, als habe der Ältere nicht nur die Frau, sondern auch ihn, den Jüngeren, mit seinem „Befehlston“ verängstigt und zum Mitmachen gezwungen. Er berichtete von zwei Szenen, wo er, der Jüngere, „keinen hoch gekriegt“ habe. Eine Vergewaltigung Ester M.s durch K. schilderte er mit den Worten: „Sie guckte mich an, weinte.“ Später habe er sie wieder getroffen, auf die „Scheiße“ angesprochen und in den Arm genommen.

Der Eindruck von dem „soften“ jüngeren Täter geriet ins Wanken, als der ältere Thomas K. (48) aussagte. Gleich seine erste Begegegnung mit dem Paar in der Bremer Obernstraße hätte ihm eine Warnung sein müssen. Denn der Jüngere habe die Frau geschlagen, nur weil sie versucht habe, eine Straßenbahntür der Linie 3 aufzuhalten: „Nach dem Vorfall hätte ich eigentlich gehen müssen.“ Vor Gericht weinte Thomas K.: „Es tut mir echt leid. Ich weiß, daß es für mich katastrophal ist, wenn ich trinke, dann bin ich ein Schwein.“ An Einzelheiten der Tat könne er sich nicht erinnern: „Film-Riß“. Zwanzig Jahre seines Lebens hat Thomas K. (48) bereits in Gefängnissen verbracht, fünf erfolglose Entzugs-Therapien hinter sich. Vier weitere Prozeßtermine hat die große Strafkammer VII angesetzt. Im Fortgang wird neben den Tatmotiven auch darum gehen, ob der ältere der beiden Männer, der eine Mordtat für sich nicht ausschloß, in Zukunft sicherungsverwahrt wird. Am Freitag, ab 8.30 Uhr, hat Ester M. das Wort. Barbara Debus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen