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Warten auf die Verhaftung des Chefs

■ Der einzige nicht verhaftete Geschäftsführer der Data-Domizil besitzt ein Haus in der Pfalzburger Straße

Wilmersdorf. Besonders klug sind Matthias S., Geschäftsführer der berüchtigten Data-Domizil-Baugesellschaft, und seine Freundin Lena J. nicht gewesen. Sie kauften Mitte letzten Jahres bis auf zwei Eigentumswohnungen ein komplettes Mietshaus in der Pfalzburger Straße — in dem sie selbst wohnen. Die Methoden, mit denen der Vorbesitzer, die Data-Domizil, Mieter herauswerfen wollte, funktionieren auch jetzt nicht. Nun kann das Hausbesitzerpärchen die Mieten nicht erhöhen und deshalb angebliche Kredite nicht zurückzahlen.

»5.000 Mark zahle ich jedes Jahr dazu, damit sie hier billig wohnen können, habe ich einmal einer Mieterin gesagt«, versucht Lena J. ihre mißliche Lage dem taz-Reporter zu erklären. Im April warf sie »Alt-Mietern«, die aufgrund jahrzehntealter Verträge für den Quadratmeter 3,50 bis 6 Mark bezahlen, Post in den Briefkasten. In dem Computerschreiben erklärte die Mitvierzigerin, daß »die Mieteinnahme in keinem Verhältnis zu den von uns zu erbringenden Zins- und Tilgungslasten steht«. Da die Wohnungen an Eigennutzer veräußert werden sollen, müssen die Mieter damit rechnen, nach einem Verkauf auszuziehen. Eine Bewohnerin im Vorderhaus soll sich auf den Brief hin die Miete von 600 auf 1.000 Mark selbst erhöht haben, heißt es im Haus.

Aber nicht alle Pfalzburger zeigen für die Finanzprobleme der Eigentümer soviel Einfühlungsvermögen. Als am vergangenen Donnerstag die beiden Mitgesellschafter der Data, Michael K. und Reinhard T., verhaftet wurden, weil sie illegal Leute beschäftigt haben sollen, um so acht Millionen Mark Steuern zu »sparen«, war die Freude groß. »Wir warten alle darauf, daß die Polizei auch S. abholt«, sagt eine Mieterin. Selbst aus der Nachbarschaft sei man angesprochen, Zeitungen seien über den Gartenzaun gereicht worden. Denn seitdem das Haus erst der Data und dann nur einem der Geschäftsführer gehört, sollten Verträge mit niedrigen Mieten nicht mehr gültig sein. Manchem Mieter wurde mehrmals fristlos gekündigt — angeblicher Mietrückstand soll als Grund genauso willkommen gewesen sein wie angeblich nicht gemeldete Mieter oder gewerblich genutzte Räume. Doch bisher blieben diese Kündigungen nichts weiter als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Anwälte und Richter.

Manche Mieter sind aber auch froh darüber, daß das Dachgeschoßpärchen im eigenen Haus wohnt — »jetzt wird endlich einmal was gemacht«. Data hat das Dach und die Heizungsanlage repariert sowie die Fassaden und Treppenhäuser renoviert. Der schlechte Ruf des Immobilienunternehmens interessiert die Chef-Freundin dennoch nicht. Vielleicht war sie deshalb von der Verhaftung der beiden Geschäftsführer überrascht. Dirk Wildt

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