piwik no script img

Illegale Giftmüllberge in Schönberg

■ Greenpeace: 150.000 Tonnen Giftmüll sind 1990 illegal auf der umstrittenen Deponie bei Lübeck abgekippt worden/ Norddeutsche Firmen liefern den meisten giftigen Dreck in die Ex-DDR

Berlin (taz) — Westdeutsche Bundesländer und Müllfirmen haben allein im letzten Jahr 150.000 Tonnen Giftmüll auf der umstrittenen Deponie Schönberg in Mecklenburg-Vorpommern abgeladen. Das geht aus einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie hervor. Dabei, so Greenpeace, verstoße die Ablagerung des Sondermülls in Schönberg gegen die Verwaltungsvorschrift „TA Abfall“, sei also illegal.

Neben dem Giftmüll sind im vergangenen Jahr auch rund 750.000 Tonnen Hausmüll und 150.000 Tonnen anderer Industrieabfall in Schönberg abgekippt worden. Müllaktivisten vor Ort fordern seit Jahren, daß die größte Deponie Europas geschlossen wird, weil sie das Grundwasser für Lübeck gefährde.

Greenpeace kritisiert in einer Presseerklärung vor allem die niedersächsischen Müllkutscher von Edelhoff und die Bremer Firma Plump. Edelhoff liefere bis heute giftige Lack- und Farbschlämme auf die Deponie. Plump kippe gesetzwidrig halogenhaltige Destillationsrückstände in Schönberg ab. Die Umweltschützer vermuten, daß unter den 50.000 Tonnen Giftmüll, die beide Firmen in Schönberg vergraben, auch Material aus anderen Bundesländern ist.

Hessens Lieferungen seien auch durch verstärkte Anlieferungen des Chemiegiganten Hoechst in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Wahrscheinlich habe die restriktivere Behörden- und Ablagerungspraxis in den alten Bundesländern zum stetigen Mengenanstieg bei abgekippten Altfarben und Altlacken geführt. Genehmigt werden die Giftmüllanlieferungen vom Schweriner Umweltministerium. Neuen Dreckbomben aus Österreich und Belgien habe das Ministerium 1991 bereits zugestimmt. Die Behörde sei überfordert, so Greenpeace. Zudem werde sie von einem Staatssekretär geleitet, der schon während seiner Zeit in der CDU-Regierung Schleswig-Holsteins an Mülltransporten nach Schönberg mitgewirkt habe.

Die Gewinne aus dem giftigen Geschäft kommen nach den Recherchen der Umweltschutzorganisation aber nicht in Mecklenburg-Vorpommern an. Profitieren würden vielmehr die ehemals zum Schalck-Imperium gehörende Intrac, die Ihlenberger Abfallgesellschaft (ehemals VREB Deponie Schönberg) sowie die österreichische Firma Rumpold und das Hanseatische Baustoffkontor. Ein Teil der Einnahmen fließe zudem an die Treuhand.

Der Lübecker Müllspezialist Günter Wosnitza kritisierte gegenüber der taz die schleswig-holsteinische Landesregierung. Engholms Regierung habe zwar die Müllieferungen aus dem Bundesland von 100.000 Tonnen im Jahr 1988 auf nahe null zurückgeführt, die in verschiedenen Wahlkämpfen versprochene Schließung der grundwassergefährdenden Deponie werde aber nicht mehr verfolgt. ten

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen