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Ein wenig Halle, ein wenig Fels, ein wenig Wasser

■ Skulpturen von Rainer Fest in der Eisenhalle

Foto: Susanne Schleyer

Wenn tatsächlich alles fließt, wie Rainer Fest in seiner Skulpturen-Ausstellung in der Eisenhalle behauptet, so kann es durchaus passieren, daß der angekündigte Fluß zum Rinnsal wird. Bei Rainer Fest rinnsalt das Wasser an seinen Gesteinsbrocken herab, die sich in all ihrer kristallinen Massivität jeglicher metaphysischer Bewegung entgegenstemmen. Wenn alles fließt, so gräbt sich der Fluß seinen Weg. Drei Variationen seines Bettes zeigt Rainer Fest.

Da ist das archaisch-grobe Bett des Odysseus — wie aus einem Baumstumpf gehauen — , das ungeniert die Spuren der Axt zeigt. Am nächsten Felsbrocken hat sich das Wasser eine Krankenhausliege gemeißelt: mehrstufig, glatt-klinische Matraze und kaum ein Fältchen im Laken. Das dritte Bett verläuft senkrecht gleich dem Objekt, und das Wasser hinterläßt auf dem poliertem schwarzen Labrador nur einen dunklen Streifen seiner Anwesenheit, der sich leicht mit einem Schwamm beseitigen läßt. Drei Brocken und drei Rinnen, die sich das Wasser in ihnen gegraben hat: drei Ansätze von Rainer Fest, die Skulptur schrittweise dem Prinzip alles fließt zu unterwerfen. Die rohe Tonne Basalt — und mit ihr das erste Bett — unterscheidet sich in ihrer ungezähmten Sinnlichkeit von der matten Vertikale der Labradorstele und seines zivilisierten Wasser, das auch ohne Kehlung auskommt, so, wie der Anfang eines Prozesses es vom Ende tut. Das Dazwischen, gleichsam in der Stufigkeit der nächsten Skulptur manifestiert, verbindet die beiden (sowohl metaphorischen wie auch künstlerischen) Extreme, ohne daß es dabei an Eigengewicht verlieren würde. Rainer Fests drei Skulpturen und ihre graduell unterschiedlichen Bearbeitungen stehen auf diese Weise für das alles fließt; das dadurch zur Metapher wird.

Als Metapher allerdings sind Skulpturen unbrauchbar. Mit den Objekten Fels und Wasser hat Rainer Fest zwei Dinge der Naturwelt in seiner Kunstwelt reproduziert, ohne sie zu Subjekten zu machen. Sie bleiben strikt ihren poetischen Werten untertan und zeigen — in verschiedenen Stufen — ihre Abhängigkeit vom eigenen Mythos. Von dieser Poesie des Mythos hat sich Rainer Fest, trotz souveräner Beherrschung des Materials, nicht lösen können. Der Bezug zum Prinzip alles fließt bleibt ein oberflächlicher: das sei wertend verstanden, wie beschreibend. Fels und Wasser als gegeneinander abgesetzte Dinge in Bezug zueinander zu bringen, hat über die Jahrhunderte wohl mehr als ein Dutzend Schöpfer von Wasserspielen gereizt. Das Wasser war dabei entweder Katalysator oder Tranquilizer. Es erhöhte oder zerbrach die Wirkung des Gesteins, des Felsens, beraubte ihn allerdings immer der Aura der reinen Natur, welch das Wasser wiederum versuchte darzustellen. Auch wenn Rainer Fest dieser Tradition der Oberfläche gefolgt ist, so hat er letztendlich dennoch keine Wasserspiele geschaffen, sondern Skulpturen, die allerdings ihre Idee aus eben jener Tradition beziehen.

Wohl konnte Rainer Fest dem Gebot der Veredelung widerstehen, und indem er dem Wasser ein Bett in der Skulptur durch seine Hand schuf, gab er dem Fels lediglich eine Nuance — nicht aber seine Ästhetik. Am deutlichsten wird dies sinnigerweise, und nicht ohne Ironie, am kunstvollsten Fels, will heißen: bearbeitesten, der als glatte Stele Ästhetik ist per se, und der dennoch als Skulptur nur bestehen kann durch die Nuance. Durch das Wasser.

Und noch etwas machen die drei Skulpturen von Rainer Fest augenfällig: fast schmerzlich, solche komplexen Objekte in einer Halle zu sehen, gleichzeitig zu wissen, daß man sich mit ihnen open Air zu Tode langweilen würde. Volker Handloik

Bis 30. Juni in der Joachim-Friedrich- Straße 37, 1-12, Do/ Fr 17-20, Sa/So 13-15 Uhr

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