Eine Schule für junge Ausländer?

■ »Ghettoschule« befürchtet/ Proteste beim DGB und Bündnis 90/Grüne gegen Senatsäußerungen

Berlin. Die »Schule für ausländische Vertretungen« im Bezirk Mitte soll nach den Vorstellungen des Senats als Sammelstelle für Eingliederungslehrgänge für ausländische Jugendliche genutzt werden. Dies teilte der Staatssekretär der Schulverwaltung dem Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses mit.

Das Vorhaben stieß jedoch auf heftige Kritik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sowie der Fraktion Bündnis 90/Grüne. Die Ausführung dieses Planes habe eine Ghettobildung ausländischer Jugendlicher zur Folge, wie es sie bisher in Berlin noch nicht gegeben habe. Eine derartige Schule sei mit den Vorgaben des Schulgesetzes nicht vereinbar und widerspreche jedem Integrationsgedanken. Es sei schon problematisch genug, daß in Berliner Schulen reine Ausländerklassen in Form von Eingliederungslehrgängen gebildet werden.

Eingliederungslehrgänge gibt es seit 1980. Damals wurde das Berliner Schulgesetz geändert, um Klassen für ausschließlich 14- bis 16jährige zugezogene Ausländer einzurichten. Nach Abschluß der Eingliederungslehrgänge wird den Schülern eine Teilnahmebescheinigung, jedoch keine Qualifikationsbescheinigung ausgestellt. Schüler, die bis zu ihrem 16. Lebensjahr an solchen Lehrgängen teilgenommen haben, unterliegen nicht mehr der Schulpflicht.

Formal seien zwar die Lehrgänge den deutschen Klassen gleichgestellt, inhaltlich bedeuteten sie jedoch nichts weiter als eine »Beschäftigungstherapie«, sagte Safter Cinar, Leiter der Ausländerberatungsstelle des DGB der taz. Eine Qualifikation für ausländische Jugendliche sei in diesen Lehrgängen nicht gewährleistet — so die grundsätzliche Kritik des DGB an den Eingliederungslehrgängen.

Sybille Volkholz, schulpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Grüne, nannte die Einrichtung einer Schule für ausschließlich ausländische Jugendliche »eine politische Katastrophe«. Die Zentrierung beziehungsweise Isolation von ausländischen Jugendlichen in einer einzigen Schule stiftete — unter den derzeitigen Bedingungen — der ausländerfeindlichen Stimmung weitere Nahrung und stehe im Widerspruch zu jeglicher Integrationspolitik. Auch fehle dem ganzen Vorhaben die rechtliche Grundlage, wie Frau Volkholz betonte. Denn, was mit welcher Schule passiere, sei prinzipiell die Angelegenheit des jeweiligen Bezirkes und nicht des Senats. Das Bezirksamt Mitte hatte ursprünglich vor, die ehemalige »Schule für ausländische Vertretungen« als Grundschule zu nutzen.

Die Senatsschulverwaltung scheint inzwischen, allerdings einen Rückzieher machen zu wollen. Denn Pressereferent Ungruhe erklärte gegenüber der taz, daß die »Schule für ausländische Vertretungen« in eine ganz »normale Grundschule« umfunktioniert werden würde. Die Äußerungen von Staatssekretär Arndt am 5.Juni im Hauptausschuß dementierte er allerdings nicht. Nadja Encke