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»Wenn sie Gold will, kann ich nicht nein sagen«

■ Drei neu eröffnete türkische Schmuckgeschäfte geben der Potsdamer Straße einen ersten Hauch von Eleganz/ Bei Hochzeiten ist der Umsatz der Juweliere am größten/ Goldschmuck gilt als Sicherheit für Frauen, wenn sie Witwen werden

Schöneberg. Gerade noch haben sich Vem Karahan und Saro Kerim bei einer Tasse Tee über den Fortgang der Abrißarbeiten im ehemaligen »Türkischen Basar« und die anstehende Hochzeit der Kinder zweier Bekannter unterhalten. Währenddessen sucht Kerim aus der mit rotem Samt beschlagenen Auslage des Juweliers ein goldenes Medaillon aus — ein Brautgeschenk. Mit der netten Plauderei ist es vorläufig zu Ende. Juwelier Karahan, zufrieden mit der Wahl seines Kunden, wiegt das Schmuckstück und berechnet den Preis — 500 Mark, Freundschaftspreis, versteht sich. Kerim ist dies jedoch zu teuer. So gut bekannt mit der Familie der Braut ist er nun auch wieder nicht. Der Ton wird schärfer. Andere Schmuckstücke werden zum Vergleich herangezogen. Wenn es unbedingt billiger sein soll, könne er schließlich auch einen kleinen Anhänger oder einen schmalen Armreif erstehen. Widerwillig reicht Kerim schließlich das verlangte Geld über den Ladentisch. Die Feilscherei ist jedoch noch nicht beendet. Man plaudert weiter, aber immer wieder kommt Kerim auf den seiner Meinung nach unangemessenen Preis zurück. Karahan läßt sich schließlich erweichen. Als Kerim den Laden verläßt, hat er einen Schein zurückbekommen.

Karahan besaß früher ein Geschäft in der berühmten Goldstraße in Istanbul. Auf Initiative eines türkischen Geschäftsmannes kam er nach Berlin und betrieb elf Jahre lang seinen Laden im türkischen Basar an der Bülowstraße. Die Läden dort waren die ersten von mittlerweile ungefähr 20 türkischen Schmuckläden in Berlin. Für den Leiter des türkischen Gewerbezentrums, Ahmet Ersöz, ist ihre Existenz ein Zeichen dafür, daß »vor allem die Hochzeiten mehr in Berlin und nicht mehr in der Türkei stattfinden, weil immer mehr auch die Absicht haben, hier zu bleiben.«

»Vor zwei Jahren hat ein Bekannter mich gefragt, ob ich Juwelier werden will. Nach einer Probezeit in seinem Laden hat er mich übernommen und jetzt sind wir Partner«, erzählt Bandir Abdulahot. Mittlerweile betreibt er eine Filiale am Kottbusser Tor. Das Geschäft mit dem Gold läuft nicht schlecht. »Jeder will eben etwas schenken, seiner Frau, seiner Verlobten, seinem Kind«, meint er. Schmuck wird vor allem bei Hochzeiten verschenkt, aber auch zu Kindergeburtstagen, Beschneidungen, an Feiertagen und manchmal auch zwischendurch. »Wenn meine Frau zum Beispiel etwas haben will, kann ich nicht nein sagen.«

Den Schmuckläden im türkischen Basar ist im Januar gekündigt worden, weil die BVG wieder die U-Bahn über die stillgelegten Gleise fahren lassen will. Auf die Schnelle mußten sich die Betroffenen neue Ladenlokale suchen. So sind seit den zwei Monaten in der Potsdamer Straße die prunkvollen Auslagen dreier türkischer Schmuckgeschäfte zu bewundern.

Hinter den Glasscheiben flimmern Armreifen, Colliers, Ringe und Münzen, der Effekt wird durch elektrische Leuchten und Spiegel noch verstärkt. Alles ist aus massivem Gold. »Wir verwenden höherkarätiges Gold als die deutschen Juweliere, oft ganz ohne Beimischung«, sagt Baytekim Yilderim, Geschäftsführer eines der Läden. Seine Kunden, häufig Türken oder Araber, verlangen das. »Im Orient ist Masse gefragt. Wenn bei einer Hochzeit jemand einen 5.000 Mark teueren Diamantring schenkt, macht das nichts her. Da kauft er lieber zehn goldene Armreifen für dasselbe Geld.« Silber und andere Edelmetalle gehen dagegen überhaupt nicht.

Dabei dürfen Männer nach islamischer Tradition überhaupt kein Gold tragen. »Die ganz Frommen tragen nur Silber, einen schmalen silbernen Ehering etwa.« Bei diesen Worten nestelt Kaharans Sohn etwas verlegen an seinem schweren goldenen Armband.

Kerim schenkt seiner Frau nur Goldschmuck. »Gold ist ein bleibender Wert«, sagt er. »Man muß immer daran denken, was in zehn Jahren sein wird. Dollars können ihren Wert verlieren, aber der Goldwert bleibt relativ gleich. Wenn ich eines Tages in Schwierigkeiten komme, oder wenn einer meiner Söhne heiratet, habe ich das Gold und kann es verkaufen oder meiner Schwiegertochter schenken.«

Eigentlich aber, das weiß auch Kerim, ist der Goldschmuck unveräußerliches Eigentum seiner Frau. Nach dem Islam jedenfalls ist das Eigentum der Frau auch für ihren Ehemann unantastbar. Das Gold ist ihre Sicherheit für den Fall einer Trennung oder des Todes ihres Ehemannes.

»In der Realität sieht es aber oft ganz anders aus«, weiß Emel Algan, »da horten die Männer den Schmuck oder verkaufen ihn. Auch bei Trennungen sehen die Frauen nichts davon. Ihnen wird dann auch noch eingeredet, das sei religiös.«

Allerdings erlauben die Vorschriften des Koran den Frauen nicht, ihren Schmuck öffentlich zu tragen. »Schon der Körper einer Frau gilt als Schmuck und muß verborgen werden, weil er verführen kann. Das gilt umso mehr für Gegenstände, die ihn noch attraktiver machen«, sagt Emel Algan. Sie selber schätzt den traditionellen türkischen Schmuck weniger: »Armreifen kommen mir immer vor wie Handschellen.« Corinna Raupach

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