: Indien: Kongreß sucht Koalitionspartner
Neu-Delhi (afp) — Der Sieger der indischen Parlamentswahlen, die Kongreßpartei des ermordeten ehemaligen Premierministers Rajiv Gandhi, bereitete sich nach anderthalb Jahren in der Opposition gestern auf die Regierungsübernahme vor. Doch die Partei steht ohne einen Kandidaten für den Ministerpräsidenten da. Einzige Bewerber sind der Nachfolger Gandhis, Parteichef P.V. Narasimha Rao, und der Wahlgewinner im westlichen Bundesstaat Maharashtra, Sharad Parwar. In hektischen Beratungen suchten die Kongreß-Abgeordneten einen Kompromiß, um eine Kampfabstimmung zu vermeiden. Gleichzeitig nahm die Kongreßpartei Verhandlungen mit der Nationalen Front (NF) und den Kommunisten auf, um einen möglichen Koalitionspartner zu finden. Ohne absolute Mehrheit kann der Kongreß nur mit Unterstützung der Mitte und der Linken regieren. Nach der Auszählung in 433 Wahlkreisen lag die Gandhi-Partei gestern nachmittag mit 212 von 511 zu vergebenden Sitzen klar in Führung. Im Vergleich zu den für sie verlustreichen Wahlen von 1989, als 525 Mandate zu vergeben waren, hätte sie damit um 19 Sitze zugelegt. Selbst wenn sie im Endergebnis den Prognosen zufolge bis zu 235 Sitze erreichte, hat sie die absolute Mehrheit verfehlt. Das Fünfer-Bündnis Nationale Front signalisierte ebenso Unterstützung wie die Kommunistische Partei. „Wir wollen, daß der Kongreß die Regierung stellt“, sagte Muqmuddin Farooqi, Parteisekretär der Kommunisten. Auch der Generalsekretär der Janata Dal, Jaipal Reddy, bestätigte für die NF, daß die Allianz die Kongreßpartei im Parlament stützen wolle. Beide äußerten sich zunächst aber ablehnend gegenüber einer möglichen Koalition. Sie hätten kein Interesse, Regierungsverantwortung zu übernehmen, hieß es. Bei der Benennung eines Fraktionschefs, der automatisch den Posten des Regierungschefs übernehmen würde, war der Kongreß vor weit größere Probleme gestellt. Obwohl sich Parteichef Rao weigerte, seine Kandidatur zu bestätigen, galt es in seinem Umfeld als sicher, daß er Anspruch auf das Regierungsamt erhebt.
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