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Armes Los Angeles

■ Steve Martins „L.A. Story“

Wenn die Marx Brothers einen neuen Film machten, gingen sie vorher mit ihren Nummern auf die Bühne und testeten die Gags. Im Publikum plazierten sie jemand mit einer Stoppuhr, der notierte, wie lange die Leute an den entscheidenden Stellen lachten. Regisseure wie Howard Hawks (Leoparden küßt man nicht), Lubitsch (Sein oder Nichtsein) oder Billy Wilder (Manche mögen's heiß) wußten, wie schwierig es ist, den Rhythmus einer Komödie zu finden. Sie verschafften dem Publikum im richtigen Moment eine Verschnaufpause, bauten Gipfel und Täler in ihre Lustspiele ein.

Heutzutage benutzen sie in der Traumfabrik die Holzhammermethode. Einer der schlimmsten Totengräber der klassischen Hollywood- Komödie ist die spätpubertierende Silberpappel Steve Martin. Spätestens seit Der Mann mit den zwei Gehirnen oder Roxanne weiß das jeder Komödienliebhaber.

Jetzt hat Martin wieder ein paar Witze geschrieben und sie, mit sich selbst als Hauptdarsteller, von Mick Jackson unter dem Titel L.A. Story verfilmen lassen. Als Liebeserklärung an Los Angeles will Steve Martin den Film verstanden wissen, als Komödien-Denkmal für seine Heimatstadt. Bedauernswert der Ort, der sich solche Ehrungen gefallen lassen muß.

Nach einem roten Faden braucht man angenehmerweise nicht zu suchen. Es gibt keinen. Die Aneinanderreihung von ein paar Dutzend flacher und/oder uralter Gags mag für die Kleinkunstbühne in Ordnung gehen, auch eine Fernsehshow hätte damit leben können. Von einem Spielfilm darf man für sein Eintrittsgeld ein bißchen mehr erwarten.

Wer lacht heute zum Beispiel noch über eine Engländerin, die sich das Linksfahren nicht abgewöhnen kann, oder darüber, daß man in Kalifornien keinen Schritt zu Fuß geht. Was ist witzig an einer Anzeigentafel, die persönliche Botschaften von sich gibt. Über abstrakte Gemälde sind auch schon alle Witze gemacht worden. Am primitivsten sind die Sex-Witze. Er könne nie eine Frau sein, beichtet Steve Martin, denn dann würde er den ganzen Tag zu Hause bleiben und mit seinen Brüsten spielen. Witzig?

Steve Martins schauspielerische Fähigkeiten beschränken sich darauf, daß er auf zwei Arten grinsen kann und auf dreieinhalb Arten Grimassen schneidet. Wie man liest, begann seine Karriere in Disneyland mit Programmhefte-Verkaufen. Vielleicht sollte er zu seinen Wurzeln zurückkehren. Karl Wegmann

Mick Jackson: L.A.Story , mit Steve Martin, Victoria Tennant u.a., USA 1990, 95 Min.

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