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Volksmudschaheddin als Stoßtrupps der Iraker?

■ Nach Berichten irakischer Kurden halfen iranische Oppositionelle den Irakern bei der Niederschlagung des Kurden-Aufstands

Berlin (taz) — Iranische oppositionelle Volksmudschaheddin haben Ende März offenbar massiv an der Niederschlagung des kurdischen Aufstands im Nordirak mitgewirkt. Alexander Sternberg von der Gesellschaft für bedrohte Völker berichtete nach einer Rundreise durch Irakisch- Kurdistan gegenüber der taz: „Stoßtrupps der Volksmudschaheddin haben als Teil von Operationen der irakischen Republikanischen Garden mit schweren Waffen Kurden angegriffen.“ Kurdische Politiker, darunter Nejir Van Barzani, ein Vertreter Massoud Barzanis sowie der Kurdistan-Front-Sprecher Kemal Fuad und verschiedene Peschmerga hätten ihm gegenüber übereinstimmend die Angriffe der seit Jahren von der irakischen Führung unterstützten Mudschaheddin geschildert. Die Angriffe sollen demnach zwischen dem 20. und dem 25. März in der Stadt Kalar, südlich von Suleymaniya, begonnen haben. Kurden berichteten Sternberg: „Die Stadt war praktisch befreit. Die Mudschaheddin griffen mit Panzern das Krankenhaus an, in dem das Personal einfach weiter seine Pflicht tat.“ Wenige Tage Tage später seien Volksmudschaheddin in die ebenfalls durch Peschmerga befreite Stadt Altun Köprü eingedrungen, und zwar mit Panzern und Panzerwagen, die „zur Tarnung mit Peschmergaparolen und Bildern von Barzani versehen waren“. Nach Aussagen den Kurden wurden bei den anschließenden Kämpfen 1.550 Menschen getötet. Weitere Angriffe soll es in Tuz Khurmatu und Arbil gegeben haben, und auch dort hätten sich die Mudschaheddin getarnt in die Städte eingeschlichen und anschließend losgeschlagen.

Der Kölner Sprecher der Volksmudschaheddin, Kamal Rezai, dementierte gegenüber der taz die Angaben Sternbergs entschieden. Ihren einzigen Stützpunkt im irakischen Kurdengebiet in der Nähe von Kirkuk hätten die Mudschaheddin schon vor Beginn des Aufstandes geräumt, da sie verhindern wollten, in die Kämpfe einbezogen zu werden. Während des Aufstandes seien dann im Mittelabschnitt der iranisch-irakischen Grenze iranische Pasadaran auf irakisches Territorium vorgedrungen und hätten gemeinsam mit „örtlichen Söldnern“, „irakischen Kurden, die mit dem Mullah-Regime zusammenarbeiten“, Stellungen der Mudschaheddin angegriffen. Daraufhin hätten diese das Feuer erwidert und die Angreifer zurückgeschlagen.

Die islamisch orientierten Volksmudschaheddin agierten schon zu Zeiten des Schahs als oppositionelle Stadtguerilla. In den ersten Tagen nach der Machtübernahme Khomeinis begrüßten sie, wie die meisten linken iranischen Gruppen, die Hinrichtung wichtiger Funktionäre des Schahregimes. In einem offenen Brief an Khomeini schrieben sie damals: „Wir hoffen, daß dieser Weg, solange es noch Konterrevolutionäre in unserem Land gibt, konsequent fortgesetzt wird.“ Ein Weg, der bald auch gegen sie eingeschlagen wurde. Anfang 1982 wurden zahlreiche führende Mitglieder ermordet, der Rest floh zunächst in die damals befreiten Gebiete Kurdistans und von dort in den Irak. Sie schlugen ihr Hauptquartier in Bagdad auf und arbeiteten Hand in Hand mit der dortigen Führung. Irak befand sich im Krieg gegen den Iran und unterstützte jede Opposition gegen das Nachbarland politisch, materiell und auch militärisch. Nach eigenen Angaben hatten die Volksmudschaheddin auf iranischem Gebiet rund 20.000 Mann unter Waffen.

Nach Ansicht von Alexander Sternberg sind diese Kämpfer „seit Jahren vom Baath-Regime abhängig, werden von Bagdad finanziert“ und als „Teil der republikanischen Garde“ eingesetzt.

Schon Ende Mai hatte Eva Wichtmann, Mitarbeiterin der Hilfsorganisation medico international, berichtet, aus dem Südirak in den Iran geflüchtete Schiiten hätten von Mudschaheddin erzählt, die zusammen mit Republikanischen Garden den Schiitenaufstand im Südirak niederschlugen. Volksmudschaheddin sollen nach diesen Angaben auch zusammen mit irakischen Sondereinheiten die Grenze zu Iran abriegeln und so den Schiiten und Kurden den Fluchtweg in den Iran abschneiden. Auch damals dementierten die Volksmudschaheddin. taud

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