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Was wird aus der Mietpreisbindung?

■ Bonner Front gegen Wiedereinführung der Mietpreisbindung in Berlin/ Rache für Klau des Regierungssitzes?/ Gesetzentwurf in Bonn obsolet geworden/ Berliner Senat dennoch optimistisch

Berlin. »Rache an Berlin« wolle die Bundesbauministerin Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP) nehmen, vermutet Elisabeth Ziemer (Bündnis 90/ Grüne). Die Ministerin und prominente Ja-zu-Bonn-Sagerin erschreckte am Montag alle Berliner damit, daß es hier künftig keine Mietpreisbindung mehr geben werde. Ähnlich denken auch die Bonner Regierungsfraktionen. »Die Vorstellung, daß der Bundesgesetzgeber für Berlin niedrige Mieten festlegt, wo das Problem dort die fehlenden Wohnungen sind, ist unrealistisch«, formulierte Dietmar Kansy, baupolitischer Sprecher der Bonner CDU, gegenüber der taz, und: Schließlich wohnten in Berlin genug Leute, die es nicht nötig hätten, »zu lächerlichen Preisen in Riesenwohnungen«. Sein Bonner Kollege Franz Müntefering — gleichzeitig im Vorstand der nordrhein-westfälischen SPD — schätzt die Chancen der Berliner »eher schlecht« ein. »Mit einer FDP- Bauministerin ist eine Mietpreisbindung nicht zu machen«, meint Müntefering. Nachdem ab dem 1.1.1992 bei Neuvermietungen in West-Berlin beliebig hohe Mieten genommen werden dürfen, drohen demnächst Münchner Verhältnisse. So rechnet der Verband Deutscher Makler künftig mit Mieten um die 50 Mark pro Quadratmeter in grünen Randlagen.

Zur Vorgeschichte: 1987, unter dem damaligen Diepgen-Senat wurde die staatliche Mietpreisbindung in West-Berlin abgeschafft; mit den Stimmen von CDU und FDP gegen den Widerstand von SPD und AL. Als Trostbonbon wurde eine — verglichen mit Westdeutschland — mildere Übergangsregelung eingeführt, die in zwei Etappen Ende 1991 und 1994 auslaufen wird. 1989 verlor die CDU, nicht zuletzt deswegen, die Wahl in Berlin. Daraufhin gingen die Christdemokraten in sich und verfaßten 1990 gemeinsam mit der SPD einen Entwurf zur Verlängerung und Verbesserung der jetzigen Regelung (siehe Kasten), den sie dem Wahlvolk unter dem Logo »Mietpreisbindung« verkauften.

Dieser Entwurf gelangte letztes Jahr nach Bonn, bräuchte aber nach den jüngsten Bonner Äußerungen nicht in den Papierkorb zu fliegen: Genau da liegt er jetzt, denn er ist mit dem Ablauf der Legislaturperiode automatisch fallengelassen worden. Ein neuer Entwurf müßte möglichst bald eingebracht werden, dies sei aber noch nicht geschehen, so Müntefering. »Wir befürchten, daß das Berliner Übergangsgesetz wie vorgesehen abgewickelt wird«, sagt er.

Optimismus beweisen wenigstens die Berliner Politiker. Man werde rechtzeitig einen Antrag in Bonn einbringen, sagte Bausenator Wolfgang Nagel (SPD). Und der baupolitische Sprecher der CDU, Rudolf Müller, meinte, der Bonner CDU müsse man eben noch »eine Seelenmassage verpassen«. esch

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