: Kein Film über Schönheit
■ „Object of Beauty“ — mit Andie MacDowell und John Malkovich
Daß Schönheit eines der wertvollsten Güter ist, ist eine Erkenntnis, die vor allem die Werbung mit ihren Klischees und Idealen längst banalisiert hat. Schönheit als etwas, das man gerade nicht erwerben kann, etwas, das einfach da ist — man muß es nur sehen —, hat hingegen das Kino und seine Macher immer wieder provoziert. Schönheit ist eine Provokation, denn sie läßt sich nicht inszenieren, nicht herstellen: Kein Drehbuch der Welt, kein noch so zauberhafter Drehort, keine noch so schöne Schauspielerin kann die Schönheit eines Films garantieren. Man kann sie nur entdecken, ihr nachstellen und um sie werben wie ein Liebhaber um das Objekt seiner Begierde, und vielleicht zeigt sie sich dann: Godard ist dies gelungen in Le Mépris und in Nouvelle Vague, auch Rivette und Rohmer gehören zu ihren Liebhabern. Viele mögen solche Filme nicht, wahrscheinlich weil die Bilder nicht auf Sensation setzen, sondern so etwas wie Ehrfurcht, ja fast Frömmigkeit aufbringen angesichts der Erscheinung von vollkommener Schönheit. Eine Haltung, die aus der Mode gekommen, verpönt ist. Nicht zuletzt, weil sie ja unsozial ist. Schönheit, so glaubt man, bevorzugt die Reichen. Ein Film wie Object of Beauty liefert, wenn auch unfreiwillig, den Gegenbeweis.
Alles in diesem Film ist schön und teuer. Die Hauptdarstellerin Andie MacDowell (Tina), bekannt aus Sex, Lies and Videotapes, ihr Partner John Malkovich (Jake), das luxuriöse Londoner Windsor Hotel, in dem das glückliche Paar residiert, stinkreich, verwöhnt und sorglos. Gedämpfte Atmosphäre, delikate Speisen, teuerste Alkoholika, exquisite Garderoben, edle Dekors. Die Augen könnten einem übergehen. Aber nichts dergleichen geschieht: Denn Regisseur Michael Lindsay-Hogg (der bisher vor allem Musikvideos und Konzertfilme drehte) hatte zwar offenbar so etwas wie einen Film über den Zusammenhang zwischen Schönheit und Geld im Sinn. Aber er dachte, es sei mit einer entsprechenden Story und der zugehörigen Ausstattung auch schon getan. Und eine heitere Komödie wollte er auch noch erzählen.
Tina und Jake, die nichts anderes zu tun haben als Geld auszugeben, stehen wegen einer mißglückten Finanzspekulation des Börsenmaklers Jake plötzlich vor dem finanziellen Nichts. Die Kreditkarte wird nicht mehr anerkannt, das Hotel will seine Rechnung beglichen sehen, allein, außer Geld besaßen die beiden nichts, was sich jetzt dazu machen ließe. „Ich hasse Kinder, ich lüge, und meine Schönheit vergeht“, faßt Tina ihre Unfähigkeit, selbst für den Broterwerb zu sorgen, resignierend zusammen. Und ergibt sich dem Alkohol. Jake hingegen möchte Tinas kleine Henry-Moore-Statuette, das Object of Beauty, versetzen. Besser als nichts. Aber Tina hängt an dem Bronzeköpfchen.
Folgt der sozialkritische Teil des Films. Für Tina ist die Statuette lediglich ein Erinnerungsstück an ihren ersten Gatten, etwas, das ihr gehört. Für das Zimmermädchen ist die Statuette der Inbegriff der vollkommenen Schönheit. Das Zimmermädchen ist häßlich, bettelarm und taub und lebt mit ihrem heruntergekommenen Bruder in einer heruntergekommenen Wohnung. Nur dieses arme Ding, will der Film uns sagen, hat einen Blick für den wahren Wert des Kunstwerks. So ist es nur logisch, daß die Häßliche den schönen Kopf entwendet.
Das Dumme dabei: Der Film selbst hat diesen Blick nicht. Er behauptet ihn nur. Die Schönheit ist ihm, wie schon der Titel verrät, bloß ein Objekt. Kein Anliegen. Am Ende sind die Armen wieder arm, die Reichen wieder reich, und das ,Object of Beauty‘ ist verkauft. Ein billiger Schluß. Christiane Peitz
Michael Lindsay-Hogg: Object of Beauty , mit Andie MacDowell und John Malkovich, USA 1991, 102 Min.
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