Drei Frauen vs. Drei Männer

■ Babes in Toyland + Skunk

Aus Minneapolis stammen Babes in Toyland. Drei Frauen, die den Begriff »Rock« heutzutage nicht automatisch mit Kiss und Status Quo in Verbindung bringen. Das blonde, scheinbare Zuckerstückchen Kat Bjelland an der Gitarre, Michelle Leon am Bass und Lori Barbero wirbeln mächtig Staub auf. Letztes Jahr waren sie zu bestaunen als Opener von Sonic Youth, die nach den Babes nicht weiter vermißt wurden. »... best when screaming about ex-boyfriends«, schrieb Karen Schoemer, Kritikerin der New York Times über die Babes — diese Zeile würde jede einzelne von ihnen unterschreiben. »He's My Thing« oder »Laugh My Head Off« sind zwei typische Songexemplare zu diesem Thema. Abschuß und weiter. »Die besten, zartesten, interessantesten Jungs als Nachtisch sind auf den Konzerten von Napalm Death oder Carcass abzuholen«, spricht Lori, die beiden anderen nicken zustimmend. Harte Metaller werden zu Spielzeugen, ganz wie der Bandname schon sagt.

Erst vor drei Jahren ging es los in der jetztigen Besetzung, Kat ist die einzige, die vor den Babes schon Banderfahrung hatte. Die beiden anderen waren bis dahin »nur« Fans. Aber glühend. Man traf sich auf Konzerten, von Punk bis No- Wave zu Metal. Sie seien keine Frauenrechtlerinnen, sagt Kat, es ergab sich einfach, daß keine Männer in der Band sind. »Es ist wesentlich angenehmer, mit Frauen zusammen auf Tour zu gehen, allein der gemeinsamen Interessen wie z.B. Shopping, Schuhe, Strumpfhosen, Schmuck — ein unendliches Schlachtfeld in Bewegung.«

Ihre erste Single erschien 1989 auf Sub Pop, natürlich hat der dortige Hausproduzent Jack Endino die Sache in die Hand genommen, auch für das Debüt-Album »Spankin' Machine« rührte er die Regler. Der Nachfolger »To Mother« wurde Anfang dieses Jahres in London aufgenommen, ist eine Weiterentwicklung im musikalischen wie im extremen Sinne. Noch böser, noch kompromißloser, noch mehr take it or leave it. Je selbstbewußter sie werden, umso brutaler wird ihr Bedürfnis umgesetzt, dem Publikum in die Ohren zu schreien, wie beschissen das alles ist, was sich so unschuldig Alltag nennt. Wer waren denn die Bangles? Doch eben nur die Erfindung eines cleveren GeschäftsMANNES, denn gäbe es Arbeitslosigkeit nicht, müßten sie erfunden werden (Kapitalistendujardinschwenkspruchamkamin). Die Bangles wurden beschäftigt. Die Babes beschäftigen sich selbst.

Alles, was sie wollen, ist Autonomie, Cash und in ruhe Shopping gehen können. Eine Insel in dem Sumpf finden, die sich nicht DreiwochenMallorcaimJahr nennt. Simple, isn't it? Daß ihre Platten konsequenterweise extremer werden, ist logisch. Für sie selbst. Nicht für jeden. Denn dies widerspricht dem geläufigen Bild des Gewinnens im Sinne von Anpassung.

So haben die Babes dieses Jahr den Spieß umgedreht und sich eine reine Männerband namens Skunk als Vorgruppe zugeteilt. Skunk als ebenfalls Trio sind zweimal weiß plus einmal schwarz, alle heißen Matt mit Vornamen und stammen aus New Jersey, dem Geburtsort von Lori. Man lernt sich mit 14 auf der Highschool kennen, hängt zusammen rum, verliert sich wieder aus den Augen, gründet jeder für sich eine Band und Whuutsch! haben wir 1991 und eine Europa-Tour zusammen. So einfach geht das.

Skunk's Wurzeln sind bei Straight Edge, Washington D.C., bei Bands wie Fugazi und Soulside, die als geistige Mentoren fungierten. 60er, 70er Jahre, Zeit von Pubertät und Offensein für alles und jeden prägten Skunk. Cheap Trick, Queen und die Beatles bilden den Konsens innerhalb der Band, von dem ausgehend man sein Musik- und Harmoniebedürfnis aus stillt. Nirvana und Groove sind zentrale Begriffe, Spielzeugland und persönliche Entfaltung zwei weitere, das Rauchen abgewöhnen kann sich jeder einzelne von ihnen mit 30, bis dahin wird allerdings noch viel Wasser den Fluß runterfließen und also erstmal auf Teufel-komm-raus mit allen Stilen experimentiert. Laßt euch überraschen. Peter K.

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