: Lyrische Lösung
■ Rettung für den schiefen Turm von Pisa
Das Goethe-Institut Turin unterstützt den Plan des deutschen Bildhauers Johannes Pfeiffer zur Rettung des schiefen Turms in Pisa. In einer am Dienstag in Turin veröffentlichten Mitteilung bezeichnet der Leiter des Goethe-Instituts, Paul Eubel, die Idee Pfeiffers, den historischen Turm einfach festzubinden, als völlig neuartig, „genial und verblüffend“.
Im Gegensatz zu anderen Lösungsvorschlägen, die darauf zielen, den Turm aufzurichten, habe Pfeiffer „eine künstlerische Lösung“ gefunden, die nicht am Fundament des Baues „herumdoktern“ wolle, meinte Eubel. Der Plan gehe davon aus, daß „der Turm ja gerade wegen seiner Neigungsdynamik spannend ist und es also nur darum gehen kann, ihn vor dem Umkippen zu bewahren“. Dies werde erreicht, indem das Gebäude mit etwa 200 Seilen, die alle in einem Punkt zusammenlaufen, festgebunden werde. Die ganze Konstruktion sehe dann aus „wie ein gigantisches Saiteninstrument“.
Pfeiffer selber meinte, mit der Bespannung bekomme das Bauwerk „eine zusätzliche ästhetische Qualität“. Zudem gewänne der schiefe Turm an Besonderheit. Die Saiten sollen in einer unterirdischen Katakombe zusammenlaufen, wo eine computergesteuerte Hydraulik ihre Spannung ständig sichtbar mache und reguliere. Jeder Besucher auf dem Turm sei als Gewichtsfaktor auf der Anzeige ablesbar. Allein dieses „High-Tech-Museum unter der Erde“ würde einen Großteil der Investitions-Kosten einbringen.
Eine Vorstellung von der Wirkung dieser „lyrischen Lösung“ vermittele das Modell Pfeiffers in Turin, wo er ein turmähnliches Bauwerk mit der originalen Neigung des Turmes von Pisa errichtete. Über 1.200 handgefertigte Ziegel schichtete Pfeiffer ohne Mörtel zu einer Röhre von 5,60 Meter Höhe auf. Jeder Ziegel hing an einer dünnen Nylonschnur. Weil jedes der Seile mit einer Zugkraft von nur wenigen Gramm belastet war, habe das „filigrane Gespinst den Turm von über zwei Tonnen Gewicht mühelos in sicherer Schwebe“ gehalten. Je nach Tageslicht erschienen die Fäden als „glitzerndes dichtes Gewebe“ oder waren fast unsichtbar. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen