MIT DER ARMUT AUF DU UND DU: Lateinamerika noch ärmer
■ Jahresbericht der UNO prophezeit weitere Stagnation
New York (ips/taz) — Die armen Länder sind 1990 noch ärmer geworden und müssen in diesem Jahr noch mehr unter der Stagnation des wirtschaftlichen Wachstums in den westlichen Industrieländern leiden. Das stellte die UNO in ihrem Weltwirtschaftsgutachten fest, das jetzt in New York veröffentlicht wurde. Demnach ist das Bruttosozialprodukt pro Kopf in Lateinamerika im vergangenen Jahr um 0,7 Prozent gefallen, die Inflation dagegen um 1.200 Prozent gestiegen — dreimal soviel wie im Durchschnitt aller Dritte-Welt-Staaten.
Für den Rückgang des Weltwirtschaftswachstums 1990 auf ein Prozent sind laut UN-Bericht der Golfkrieg, die politischen Unsicherheiten in Osteuropa und der Sowjetunion sowie die Rezessionserscheinungen in westlichen Industrieländern verantwortlich. In Lateinamerika kommen noch die Einengungen des wirtschaftlichen Spielraums durch den Schuldendienst und der Devisenmangel hinzu. Venezuela konnte als einziges lateinamerikanisches Land aus der Golfkrise Kapital schlagen: Dank der Erdölpreissteigerungen stieg das Bruttosozialprodukt um 4,4 Prozent. Doch insgesamt hat die Golfkrise in der Region für eine kräftige Ankurbelung der Preis- und Inflationsspirale gesorgt.
In neun der 23 untersuchten Staaten der Karibik und Lateinamerikas kam es daher laut UN-Bericht zu einem „Negativwachstum“. Vor allem die Rezession der größten Wirtschaftsmacht des Subkontinents, Brasilien, und der Abschwung in Argentinien belasteten die Gesamtentwicklung. In Chile hat die rigorose Geldpolitik der Regierung zu einem Wachstumsrückgang von zehn Prozent 1989 auf zwei Prozent 1990 geführt. Nicaragua mußte als Preis für sein Austeritätsprogramm einen Wachstumseinbruch von 5,5 Prozent hinnehmen.
Die UNO kritisierte in ihrem Bericht außerdem die reichen Industrieländer für ihre Gleichgültigkeit gegenüber den Wirtschaftsproblemen der lateinamerikanischen Länder und forderte echte Wirtschafts-Entwicklungshilfe — zur Unterstützung eines gesamten Weltwirtschaftswachstums. RaSo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen