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Abschiebungen: Bonn unter Druck

■ SPD-Länder fordern Beibehaltung des Abschiebeschutzes für De-facto-Flüchtlinge Mehrheit der Bundesländer lehnt Schäubles harte Linie ab/ Bund-Länder-Treffen anberaumt

Berlin (taz) — Das Bundesinnenministerium sieht sich offenbar gezwungen, mit den Ländern über die Aufhebung des Abschiebestopps für De-facto-Flüchtlinge zu sprechen, nachdem die kritischen Stimmen immer zahlreicher geworden sind. Für den 16. Juli hat das Schäuble-Ministerium ein Bund-Länder-Treffen auf „hoher Beamtenebene“ anberaumt, wo es ausschließlich um den Streitpunkt Abschiebung der bisher aus humanitären Gründen in der Bundesrepublik geduldeten Flüchtlinge gehen soll. Nachdem bereits die Führungsgremien der beiden großen Kirchen und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen ihren deutlichen Protest gegen die Pläne des Innenministeriums erhoben hatten, haben jetzt auch die Innenminister mehrerer SPD-regierter Bundesländer Minister Schäuble öffentlich zum Überdenken seiner rigiden Abschiebungsvorhaben aufgefordert. Inzwischen haben die Innenminister des Saarlands, Nordrhein- Westfalens, Hessens, Schleswig- Holsteins und Niedersachens förmliche Ersuchen an das Bundesministerium gestellt, den bisher praktizierten Abschiebeschutz ihrer Länder weitgehend beizubehalten.

Nach dem neuen Ausländergesetz können die einzelnen Bundesländer nur noch für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten einen Abschiebestopp für bestimmte Flüchtlingsgruppen erlassen. Danach bedürfen solche Regelungen der Zustimmung des Bundesinnenministeriums. Für Tausende von abgelehnten Asylbewerbern, die aber bisher aus humanitären Gründen in der Bundesrepublik geduldet wurden, ist der Abschiebeschutz damit zum 1. Juli ausgelaufen. Sie bräuchten jetzt für ihren weiteren Aufenthalt das Plazet des Bundesinnenministers. Der jedoch hat auf der letzten Innenministerkonferenz im Mai deutlich erklärt, daß er einen weiteren Abschiebeschutz gerade für die zahlenmäßig größten Flüchtlingsgruppen in der Bundesrepublik nicht genehmigen will. Einen generellen Abschiebestopp soll es nur noch für chinesische Wissenschaftler und Studenten geben und für Christen und Jeziden aus der Türkei. Iranische, libanesische, äthiopische und palästinensische Flüchtlinge sollen nur dann vor Abschiebung geschützt sein, wenn sie vor einem festgelegten Stichtag 1985 beziehungsweise 1988 eingereist sind. Kurden, Iraker und auch Tamilen aus Sri Lanka tauchen trotz unveränderter Bürgerkriegssituation in ihren Heimatländern gar nicht mehr in der Liste der nicht abzuschiebenden Personen auf. Die Länderinnenminister, die sich jetzt an Minister Schäuble gewandt haben, fordern jetzt, den Abschiebeschutz auf diese Flüchtlingsgruppen zu erweitern und die vom Bundesinnenministerium festgesetzten „nicht nachvollziehbaren“ Stichtagsregelungen aufzuheben. Die harte Linie des Bundesinnenministeriums war zwar schon im Mai auf deutliche Ablehnung der Mehrheit der Bundesländer gestoßen. Minister Schäuble hatte jedoch bisher argumentiert, daß es um eine bundeseinheitliche Abschieberegelung gehe.

Frist für Jugoslawen

Bremen, Hamburg, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen werden bis vorerst zum 15.Juli keine Abschiebungen nach Jugoslawien vornehmen. Darauf verständigten sich die Innenminister gestern bei einem Treffen. Ve.

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