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Beifall für die falschen Aktionärinnen

■ Hauptversammlung der „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft“ durch „verstecktes Theater“ verwirrt

Eine Aktie der „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft“ ist schon für 80 Mark zu haben und kann deshalb leicht in falsche Hände geraten. Dieser Umstand ist dem Vorstand der „Bremer Lagerhaus- Gesellschaft“ schmerzlich bewußt, seit sich auf den Hauptversammlungen regelmäßig zwei Kleinaktionäre, Herr Jansen und Herr Maass, zu Wort melden und immer mit der gleichen Penetranz nach dem unmoralischen Umschlag von „Rüstungsgütern“ erkundigen. Denn die BLG ist in Bremen für den Hafenumschlag zuständig, gehört zu 50,4 Prozent der Stadtgemeinde und hat außer mit Bananen, Kaffee und Autos auch mit Tropenhölzern (indirekt) und mit militärischen Exporten (direkt) zu tun.

Das Beispiel der Herren Jansen und Maass hat seit dem Golfkrieg so heftig Schule gemacht, daß gestern die Hauptversammlung der „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft“ völlig von redeschwalligen Neu-KleinaktionärInnen dominiert war und niemand mehr so recht durchblickte, wem er da eigentlich Beifall zollte. Die Grenzen zwischen Aktionär und Aktionärs-Parodie verschwammen völlig. Da war zum Beispiel diese redselige Frau Schütte hinten links, die auch nur eine Aktie besaß, und den kritschen Herrn Maas überhaupt nicht mochte: „Herr Maass, Sie sind hier beim falschen Verein, kaufen Sie sich doch mal 'ne Aktie von einem Wohlfahrtsunternehmen“, wies Sie den kritischen Aktionär viel harscher zurecht, als sich dies die Vorstandsherren getraut hatten. Dann beklagte sie sich bitter mit Volkesstimme beim Vorstand: „Die BLG wird in der letzten Zeit ganz schön durch den Dreck gezogen.“ Auch könne sie nicht verstehen, daß der Vorstand, wo das Unternehmen '90 so ein schlechtes Geschäftsjahr gehabt habe, 200.000 Mark verschwende für die 500-Jahre-Colmubus-Feiern in den USA.

Eine befremdliche Gestalt auch diese Frau Heidmann, mit den blonden Locken ganz vorne links. „Was können wir denn dafür, wenn die da unten in Saudi- Arabien nicht richtig mit ihren Waffen umgehen können?“ empörte sie sich und stellte dann gegenüber dem kritischen Herrn Maass die unverblümte AktionärInnnen-Haltung klar: „Uns ist es doch egal, ob hier Bananen oder Rüstungsgüter umgeschlagen werden. Ich bin dafür, dem Hafensenator das Vertrauen auszusprechen.“ Sie bekam kräftigen Beifall im Saal. Die an Dividende interessierten AktionärInnen waren so dankbar für diese klaren Worte, daß sie wohl nur ungläubig staunen würden, erführen sie, daß es sich bei Frau Heidmann um eine Mitarbeiterin der „Kampagne Stoppt den Rüstungsexport“ handelt.

Aber wer war auf dieser Versammlung denn überhaupt noch ganz echt? Vielleicht der ältere Herr mit dem weißen Einstecktuch, der aufstand und sagte: „Ich bin extra gestern nach Bremerhaven gefahren, um mir das anzuschauen mit den Rüstungsexporten. Unseren Männern gehört höchste Anerkennung.“

Vorstandsherr Fastenau Aufsichtsrats-Vorsitzender Berghöfer wahrten die Fassung und arbeiteten die befremdlichen Fragen und Anregungen der Reihe nach ab. Nur Herrn Maass stellten sie nicht zufrieden. Den Umfang der umgeschlagenen Rüstungsgüter wollte Vorstandsherr Fastenau nicht nennen. Begründung: eine derartige statistische Rubrik gebe es nicht. Auch wollte er nicht sagen, was die BLG am Golfkrieg verdient hat: „Gewinnmargen werden nicht öffentlich dargelegt.“ B.D.

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