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Die Treuhand zeigt die WAZ an

Berlin (taz) — „Wegen Untreue und Geheimnisverrats“ hat gestern die Treuhandanstalt bei der Staatsanwaltschaft Gera Strafanzeige gegen die „WAZ-Investitionsgesellschaft mbH & Co. KG“ gestellt. Die WAZ- Gesellschaft hat sich unter dubiosen Umständen Redaktion und Räume der 'Ostthüringer Nachrichten‘ (OTN) angeeignet, nachdem ihr von der Treuhand die Übernahme dieser Zeitung aufgrund kartellrechtlicher Bedenken verweigert worden war. Seit Montag dieser Woche läßt der WAZ-Konzern nun die zum Verwechseln ähnliche 'Ostthüringer Zeitung‘ (OTZ) erscheinen. Noch ist auch ungeklärt, wie sich der Essener Verlag die Abonenntenliste der 'OTN‘ verschafft hat, die jetzt mit der 'OTZ‘ bedient wird. Bis heute befinden sich die Abonnentenstämme sämtlicher ehemaliger SED- Bezirkszeitungen in Händen der Deutschen Bundespost, die diese von der Deutschen Post übernommen hat. In der DDR verfügte die Post über das Vertriebsmonopol sämtlicher Zeitungen und Zeitschriften.

Für den Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sollen laut Strafanzeige namentlich Günther Grotkamp und Erich Schumann von der WAZ-Investitionsgesellschaft sowie der Geschäftsführer der WAZ-Gründung „Verwaltungsgesellschaft Weimar“ verantwortlich sein. Die Anzeige richtet sich außerdem gegen den Chefredakteur der 'OTN‘, Ulrich Erzigkeit, sowie gegen den Geschäftsführer der Ostthüringer Verlags GmbH Gera, Joachim Zaumsegel, die ebenfalls in den Zeitungsdeal verwickelt sein sollen.

Unterdessen hat die Treuhand gestern eine weitere ehemalige SED- Bezirkszeitung privatisiert. Der in Neubrandenburg erscheinende 'Nordkurier‘ war zwar bereits Mitte April an die Münchner Merkur Gruppe vergeben worden, deren Verleger Dirk Ippen hat allerdings kurz später erklärt, die Zeitung doch nicht übernehmen zu wollen. Am Donnerstag ist sie nun endgültig zu gleichen Teilen auf die 'Augsburger Allgemeine‘, die 'Kieler Nachrichten‘ und die 'Schwäbische Zeitung‘ (Leutkirch) verteilt worden. Barbara Geier

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