: Washington-Berlin in 1.410 Minuten
■ Der 67jährige Heidelberger Dieter Schmitt stellte gestern einen neuen Weltrekord bei Transatlantikflügen auf/ Am Sonntag startete er um 11.43 MEZ in Washington, gestern mittag landete er in Tempelhof/ Riesendurst nach der Ankunft
Berlin. Mitten über dem Atlantik hat er gedacht, er schaffe es höchstens noch bis Münster. Aber dann traf der Pilot Dieter Schmitt sogar früher, als er es selbst erwartet hatte, auf dem Flughafen Tempelhof ein. Um 11.43 Uhr mitteleuropäischer Zeit war der 67jährige Heidelberger in Washington D.C. gestartet. »Entgegen aller Vorhersagen hatte ich am Anfang Gegenwind und bin nur auf eine sehr geringe Geschwindigkeit beim Steigflug gekommen«, berichtet er. Er mußte sich mit seiner zu fast 40 Prozent überladenen Maschine und mit heißen Triebwerken »abquälen«. Über dem Ozean wechselten aber die Winde, dort »habe ich alles aufgeholt«, erzählte der Pilot gestern auf einer Pressekonferenz.
Nach der Ankunft verlangte er erst einmal ein Glas Milch. »In der trockenen Höhenluft trocknet der Körper ungemein aus«, erläuterte er. Während des ganzen Fluges habe er nichts gegessen, dafür aber zwei Liter Milch und zwei Liter Fruchtsaft konsumiert.
Dieter Schmitt ist der erste, der diese Strecke mit einer einmotorigen Maschine ohne Zwischenlandung geflogen ist. Mit 23 Stunden und 30 Minuten unterbot er dabei seinen eigenen Geschwindigkeitsrekord. »Eigentlich hatte ich vor, diesen Flug schon vor der Wahl Berlins zum Regierungssitz zu fliegen, um ein Zeichen zu setzen«, sagte Schmitt. Technische Schwierigkeiten sowie widrige Wetterverhältnisse verzögerten dann immer wieder den Abflug. Aus dem Sportflugzeug mußte alles ausgebaut werden, um die Tanks für die benötigte Treibstoffmenge einzubauen. Die Technik für die Tanks und die Treibstoffanlage hat er selbst entworfen. Für die etwa 7.200 Kilometer hatte er fast 1.400 Liter Flugbenzin getankt.
Als hauptberuflicher Überführungspilot fliegt er seit 24 Jahren die Sportflugzeuge einer amerikanischen Firma zu ihren zukünftigen Besitzern in alle Erdteile. Er hat bereits sechs Geschwindigkeitsrekorde und einen Streckenweltrekord aufgestellt. »1978 habe ich als erster mit einem einmotorigen Leichtflugzeug den Nordpol im Nonstopflug von Anchorage nach München überflogen. Damals mußte ich sogar auf einem Tank sitzen. Aber da war ich auch noch jung«, so Schmitt. Dieser Flug war für ihn trotzdem etwas Besonderes. »Ich habe nämlich noch nie den Flughafen Tempelhof angeflogen.« Im Krieg startete er von dort allerdings einmal ein Flugzeug nach Rußland. Schmitt, der in Berlin aufgewachsen ist, war ab 1944 Jagdflieger der Luftwaffe. Das erzählt er eher beiläufig.
Der Flug von Hauptstadt zu Hauptstadt war auch eine Reverenz an den Berliner Ingenieur Otto Lilienthal, dem vor einhundert Jahren als erstem Menschen ein Gleitflug in einem Fluggerät »schwerer als Luft« gelang. »Wir Flieger sind alle Lilienthals Erben«, sagt der Pilot. »Alle nach ihm waren doch nur Bastler. Er aber war genial.« Nicht nur als Pilot tritt Schmitt in die Fußstapfen des Erfinders: »Seit 25 Jahren konstruiere ich selber eine Maschine«, verrät er. »Die ist, was die Aerodynamik angeht, ungefähr 300 Prozent besser als die herkömmlichen Maschinen.«
Seine Frau Ursula Schmitt holte ihren Mann am Flughafen ab. »Ich hatte keine Angst um ihn. Ich war gespannt und habe gehofft, daß es gelingt«, sagte sie. »Es gelingt aber immer bei ihm. Mein Mann ist immer so genau und präzise, da besteht weniger Risiko als auf der Autobahn.« cor
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