: Betrügerische Bank ist pleite
■ Verluste wurden vertuscht/ BCCI hatte Noriegas Drogengelder gewaschen
London (dpa/taz) — Die britische Regierung hat den Herrscher des Golfemirats Abu Dhabi aufgefordert, für die finanziell angeschlagene und am Freitag unter Betrugsverdacht geschlossene Privatbank „Bank of Credit and Commerce International“ (BCCI) Geld zur Verfügung zu stellen. Scheich Said bin Sultan al-Nahjan besitzt mit seiner Familie seit einem Jahr 77,5 Prozent der in 69 Ländern aktiven Bank. Auf Betreiben der Bank von England wurden die BCCI-Filialen am Wochenende weltweit geschlossen. Der Scheich kritisierte diesen Schritt als „voreilig“.
Das in Luxemburg und auf den Cayman-Inseln registrierte Geldinstitut, die siebtgrößte Privatbank der Welt, hat nach Angaben des Londoner Zentralbankchefs, Robin Leigh- Pemberton, schwere Verluste gemacht und diese geheimgehalten. Britische Wirtschaftsprüfer der Firma Price Waterhouse hatten festgestellt, daß die Buchhaltung systematisch gefälscht worden sei und Beweise für einen „weit verbreiteten Betrug auf höchster Ebene über einen langen Zeitraum“ vorlägen. Pierre Jaans von der Währungsbehörde Luxemburgs sagte: „Die Bank hat 1990 einen großen Verlust gemacht und Kredite aufgenommen, um dies zu verbergen. Möglicherweise ist gar kein Kapital mehr vorhanden.“ Nach seiner Einschätzung wäre die Bank, an der bis Ende der siebziger Jahre sogar die Bank of America mit 30 Prozent beteiligt war, innerhalb von einer Woche zusammengebrochen.
Allein in Großbritannien, wo die Bank 25 Filialen betrieb und etwa 250.000 Einleger hatte, soll eine Milliarde Pfund (ca. drei Milliarden Mark) fehlen. Tausend Angestellte verlieren ihren Job. An den britischen Filialen weisen kleine Zettel auf die „vorübergehende Schließung“ der Bank hin. Vor allem kleinere Geschäftsleute asiatischer und afrikanischer Herkunft sind davon betroffen. Die Bank von England versicherte am Wochenende den BCCI-Kunden in Anzeigen, daß der Einlegerschutzfonds 75 Prozent der Einlagen zurückerstatte — jedoch nur für Sterling-Guthaben und nur bis zu einer Höhe von 15.000 Pfund (45.000 Mark).
Die Labour Party forderte Finanzminister Norman Lamont auf, zu erklären, warum die Behörden nicht früher reagiert hätten. Nach Angaben des Dezernats für schwere Betrugsfälle haben Drogenfahnder und die Zollbehörden nämlich schon seit längerer Zeit das Vorgehen der Bank beobachtet. Die BCCI ist immer wieder in den Verdacht geraten, Gewinne aus dem Drogenhandel des ehemaligen panamesischen Präsidenten Manuel Noriega „gewaschen“ zu haben. Im Januar vergangenen Jahres wurden deshalb sechs Angestellte der Filiale in Florida und zwei Mitarbeiter in London von einem US-Gericht zu 15 Millionen Dollar Strafe verurteilt. RaSo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen