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Eiswasser strömt nach Norden

■ Klimaforschung auf dem Meeresgrund / „Meteor“ wieder zurück

Klimaentwicklung und vulkanische Geschichte des Südatlantik standen im Mittelpunkt einer fast zehn Monate langen Expedition des deutschen Forschungsschiffes „Meteor“, die am 8. Juli in Hamburg zuende gegangen ist. Am Dienstag berichteten Wissenschaftler in der Hansestadt über ihre neuesten Ergebnisse der 77.000 Kilometer langen Fahrt. Insgesamt waren 204 Ozeanografen, Meteorologen, Biologen, Geologen, Geophysiker und Techniker an Bord, die etwa 12.000 Kilometer Vermessungsprofile erarbeitet und an 508 verschiedenen Stellen Boden- und Wasserproben entnommen haben.

Die Seegebiete vor der brasilianischen Atlantikküste besitzen für die Klimaentwicklung des Nordatlantiks und die geologische Entwicklung des gesamten Atlantiks eine entscheidende Bedeutung. Nach Prof. Gerold Siedler von der Universität Kiel „hat der Südatlantik eine Torfunktion“. Auf der zurückliegenden Reise wurde am Meeresboden in dem sogenannten Hunter Kanal zwischen Argentinischem und Brasilianischen Becken überraschenderweise ein zweiter Durchlaß für das sehr kalte Antarktiswasser nach Norden gefunden. In großen Rechenanlagen soll der Einfluß dieser unter Null Grad kalten Wassermassen auf unser Klima näher untersucht werden.

Eine weitere Überraschung hielt der Südatlantik für die Geowissenschaftler bereit. „Bisher hat man geglaubt, die ozeanische Kruste sei überall etwa fünf bis sieben Kilometer dick“, erläuterte Prof. Karl Hinz von Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover. „Unsere geophysikalischen Sondierungen zeigten aber Krustenteile bis zu zwölf Kilometer Dicke.“ Möglicherweise sei hier das ursprüngliche Magma mit etwa 1.400 Grad rund 200 Grad heißer als normal gewesen. Die dicken Stellen gehen auf verstärkten Vulkanismus vor 50, 60 bis 65 und 95 Millionen Jahre zurück. Dabei soll es auch zu größeren Aussterbewellen unter Tieren und Pflanzen gekommen sein.

Die Arbeiten der „Meteor“ sind eingebunden in ein internationales Programm zur Erkundung der Strömungen in den Weltmeeren (World Ocean Circulation Experiment, WOCE). Im Vordergrund stehen Fragen nach der vergangenen und zukünftigen Klimaentwicklung. Außerdem erkundete das Schiff, dessen Unterhalt täglich mit 28.000 Mark zu Buche schlägt, mögliche Orte für spätere Bohrungen in der Ozeankruste. Nach einwöchigem Aufenthalt in einem Hamburger Dock läuft die „Meteor“ am 15. Juli zu ihrer nächsten Reise in den Nordatlantik aus. dpa

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